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Das deutsche Gesundheitswesen braucht mutige Gründer | Tanja Heiß im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Mein Name ist Tanja Heiß und ich bin Gründerin und Geschäftsführerin der ID-NATIVE GmbH. Als Strategin unterstütze ich Organisationen dabei, Klarheit über ihre DNA zu bekommen. Ich glaube, dass grundsätzliche Veränderungen und Fortschritte in der digitalen Medizin nur erzielt werden, wenn wir mutige und verantwortungsvolle Führungskräfte ihre Mitarbeiter durch Visionen inspirieren und sie mit einer klaren Strategie führen. Dazu benötigt es einen Managementwandel. Mein Antrieb ist es, Menschen und Organisationen dabei zu helfen, ihren individuellen Fingerabdruck zu hinterlassen – auch digital.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

ID-NATIVE ist keine Agentur und auch keine klassische Beratung. Was uns ausmacht, ist der Mut, mit dem wir die Themen ansprechen, aber auch gleichzeitig umsetzbare Strategien und Lösungen schaffen. Wir bringen die Menschen immer wieder aus ihrer Komfortzone und helfen ihnen dadurch über sich hinauszuwachsen. Die Arbeit an der Marke oder an vermeintlich weichen Faktoren wie Führung und Unternehmenskultur machen wir messbar und dadurch nachhaltig. Mit dem Knowhow aus Mittelstand, Agentur und Gesundheitswesen sind wir gerade, was unsere strategischen Marken- und Kommunikationsworkshops betrifft ein wichtiger Partner auf Augenhöhe, wenn es um neue Employer Branding- oder Digitalisierungsstrategien geht.

Mein Alltag ist bereits sehr digital. Neben E-Mails, Video-Calls und der Nutzung von Tools wie Slack und natürlich Social Media-Kanälen lässt sich vieles von unterwegs und schnell erledigen. Apps und Fitnesstracker gehören inzwischen ganz selbstverständlich dazu. Vor allem, die Betreuung mehrerer Kunden gleichzeitig oder die Abstimmung mit unterschiedlichen Teams, ein schnelles Feedback zwischendurch etc. wird durch die digitalen Anwendungen deutlich einfacher. Es geht also primär um Effizienz.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso?

Gerade im Bereich AI stecken wir noch in den Kinderschuhen. Wenn wir hier einen Sprung nach vorne schaffen, gelingt es uns, die im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen zu entlasten. Wenn beispielsweise unnötige Wege durch intelligente Robotik gespart werden können und medizinisch komplexe Diagnosen auch in den entlegensten Regionen der Welt mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Telemedizin möglich werden, profitiert am Ende vor allem der Patient.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Potenzial gibt es an so vielen Stellen. Egal ob Big Data, AI oder Medikamentenzustellung per Drohne. Es gibt unendlich viele Beispiele, wo noch große Sprünge möglich und auch nötig sind. Aber bezogen auf meinen Fachbereich sehe ich noch großes Potenzial im digitalen Führen und der Telemedizin. Das Stichwort heißt smart. Wenn digitale Lösungen smart für den Patienten sind, erleichtern sie ihm die Behandlung, machen die Stellung von Diagnosen einfacher und eröffnen neue Möglichkeiten in der Prävention. Für Mitarbeiter bedeuten smarte digitale Lösungen eine Entlastung am Arbeitsplatz und somit eine höhere Zufriedenheit.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health?

Auch in der aktuellen Phase sollte sich niemand davor scheuen zu gründen. Ich selbst habe im März 2020 mitten in der Corona-Krise gegründet. Das verändert so manche ursprüngliche Ideen, gibt aber auch neue Möglichkeiten für spannende und wichtige Projekte. Das deutsche Gesundheitswesen braucht mutige Gründer und Start-ups mit unkonventionellen Ideen. Wichtig ist vor allem, als Gründer markant zu sein und für eine klare Identität zu stehen.

Für Investoren ist jetzt der perfekte Zeitpunkt Gründer zu fördern. Die Aufbruchstimmung im Gesundheitswesen ist der optimale Nährboden. Aber auch hier wird es wichtig über den Tellerrand hinauszublicken, also auch jungen Gründern und Quereinsteigern eine Chance zu geben. Investoren sollten immer in Gründer-Persönlichkeiten investieren, nicht nur in eine vielversprechendes Produkt.

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Daniel Grassinger
im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Ich hoere auf den Namen Daniel Grassinger und bin aktuell als Senior Manager Investment & Expansion bei „Invest in Bavaria“ (www.bavaria.org) taetig. Zuvor habe ich in Muenchen XPRENEURS (www.xpreneurs.io), ein Inkubator-Programm fuer fruehphasige High-Tech StartUps mitaufgebaut und betreut. Sowohl in Vergangenheit wie auch heute unterstuetze ich StartUps im Bereich „Digital Health“ und „MedTech“ als Mentor und teile gerne meine Erfahrung. Die Revolutionierung der Gesundheitsbrache durch Digitalisierung, weltweit, ist fuer mich unabdingbar wenn wir weiterhin einen hohen Standard des Gesunheitssystems in der westlichen Welt beibehalten wollen.

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

In meinem Alltag versuche ich wo immer es moeglich ist auf digitale Loesungen zurueckzugreifen. In den USA, meiner momentaner Heimat gibt es auch im Gesundheitssystem bereits einige digitale Loesungen. So kommuniziere ich beispielsweise mit meiner Krankenkasse ausschliesslich ueber deren Plattform. Dort habe ich Zugang zu saemtlichen Gesundheitsdaten und erhalte Rezepte.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Das groesste Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit sehe ich im Bereich der „Standard-Arzt-Besuche, z.B. ich habe eine Blasenentzuendung und brauche ein Rezept fuer ein Antibiotikum. Hierzu muss ich nicht in eine Arztpraxis um dort ewig im Wartezimmer zu sitzen. Video-Untersuchungen sollten in Zukunft ermoeglicht werden (gerade zu Zeiten einer Pandemie waere dies extrem hilfreich). Gleiches gilt fuer die Kommunikation mit meiner Krankenkasse.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Das groesste Marktpotential sehe ich in der Online-Apotheke. Amazon ist bereits heute in der Lage gewisse Gueter innerhalb von Stundenvor die Haustuer zu liefern. Vom digitalen Arztbesuch, ueber das digitale Rezept zur digitalen Apotheke alles abgewickelt auf einer dezentral organisierten Plattform koennte die Grundlage fuer ein Amazon 2.0 sein.

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Es muss versucht werden die Regulatoren fruehzeitig in’s Boot zu holen. Digital Health kann nur funktionieren, wenn alle Stakeholder an einem Strang ziehen und von Anfang an verstehen um was es geht, sich gegenseitig „aufschlauen“ und in kleinen Schritten an Prototypen arbeiten. Das oftmals zitierte Oekosystem macht den Unterschied.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

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Personalisierte Ernährung durch Wissenschaft und Technologie

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Mein Name ist Adrian Kapsalis und ich bin Gründer und Geschäftsführer von LOEWI. Wir sind eine wissenschaftliche Ausgründung der TU München und Technologieführer im Bereich der Personalisierten Gesundheit und Ernährung. Basierend auf Blutanalysen und einem Fragebogen, erhalten Patienten maßgeschneiderte Ernährungsempfehlungen und ein 100% personalisiertes Supplement, welches kontinuierlich auf die individuellen Patientenbedürfnisse angepasst wird.

Digitalisierung ist meiner Meinung nach ein Mittel zum Zweck, um Patienten noch individueller und fokussierter betreuen zu können.

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Unser Alleinstellungsmerkmal bei LOEWI ist es, durch die Kombination aus Wissenschaft und Technologie, personalisierte Gesundheit und Ernährung für jedermann verfügbar zu machen. Die komplette Patientenbetreuung findet bereits digital statt. Das Herz von LOEWI ist hierbei unser Personalisierungalgorithmus, welcher auf mehr als 15.000 wissenschaftlichen Studien basiert und mehr als 9.000 Interaktionen mit Krankheiten, Medikamenten und Allergien berücksichtigt. Diese evidenzbasierte und datengetriebene Herangehensweise ist ohne Technologie/Digitalisierung kaum denkbar.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Das größte Potenzial sehe ich in einer besseren, individuelleren Patientenbetreuung sowie in der effizienteren Nutzung der verfügbaren Ressourcen.

Viele Prozesse im Gesundheitswesen finden heute noch analog statt, wodurch verfügbare Ressourcen oft ineffizient genutzt werden – dies führt einerseits zu unnötig hohen Kosten und geht oft zu Lasten der Patienten. Besonders in den letzten Wochen und Monaten hat die Corona-Pandemie gezeigt, wie Digitalisierung die Gesellschaft unterstützen kann. Ein Beispiel ist die Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen, wo allzu lange Probleme und Risiken totdiskutiert wurden, anstatt die Möglichkeiten und Vorteile zu erkennen.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Das größte Marktpotenzial liegt meiner Meinung nach in Produkten und Dienstleistungen, die die Patientenbetreuung verbessern und gleichzeitig effizienter gestalten. Während dies in der Vergangenheit oft ein Widerspruch in sich selbst war, ist genau dies das größte Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitsbereich – Win-Win Situationen für alle Stakeholder zu schaffen. 

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Wichtigster Ratschlag: Der Patient und die Patientin muss immer im Mittelpunkt stehen. Sollte eigentlich selbtsverständlich sein, kann allerdings manchmal eine Herausforderung darstellen, da im Gesundheitsbereich sehr viele unterschiedliche Stakeholder involviert sind.    

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

MUST Healthcare, Medtechsummit, Healthcare Happy Hour in München

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Coliquio
Meetup: Digital Healthcare Entrepreneurship

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Anne Christin Braun
im interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Ich bin Anne Christin Braun, seit gut 1,5 Jahren bin ich der Digital Health Hub Lead für den ZOLLHOF in Nürnberg. Wir sind einerseits einer der am schnellsten wachsenden Tech Inkubatoren Deutschlands und andererseits ein Teil der Digital Hub Initiative der Bundesregierung als deren Hub für digitale Gesundheit – gemeinsam mit dem Medical Valley und den Health Hackers in Erlangen. Das übergeordnete Ziel des Health Hubs ist es durch die Förderung von Innovation und kollaborativem Unternehmertum im Gesundheitswesen die Patientenversorgung nachhaltig zu verbessern. Daran arbeiten wir kontinuierlich mit Startups, etablierten Unternehmen und öffentlichen Stakeholdern.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Ich bin definitiv multidisziplinäre Generalistin, die je nach Bedarf die Startup, SME oder Corporate Brille aufsetzen kann. Nach meinem Business-Abschluss habe ich viele Jahre in einem IT-SME gearbeitet, aber irgendwann gemerkt, dass ich eine Aufgabe brauche, die sinnstiftender ist und mehr Gestaltungsfreiheit zulässt. Schließlich habe ich daher nebenberuflich einen Master in Gesundheitswissenschaften begonnen, mich parallel in den letzten Jahren stark für die Physicians Association for Nutrition engagiert und bin dann durch einen glücklichen Zufall zum ZOLLHOF gekommen.

Aktuell findet in unser aller Alltag zwangsläufig sehr viel digital statt. Ich bin nun auf jeden Fall fit in sämtlichen existierenden video call tools. Neben den täglichen Terminen haben wir direkt unsere vielen Eventformate digitalisiert und so habe ich mittlerweile digitale Events moderiert, online Vorlesungen und Keynotes gegeben. Persönlich freue ich mich aktuell über diverse neue digitale Sportangebote, die so vielfältig sind, dass sie hoffentlich auch den ein oder anderen Sportskeptiker vom Sofa gelockt haben.

Corona hat die Bedeutung des wartezeitenlosen Arztbesuchs ohne Infektionsrisiko deutlich gemacht und zu einem Run auf Videosprechstunden geführt. Dass es die Telemedizin-Plattform Teleclinic nun auch in die Erstattung für gesetzlich Versicherte geschafft hat, stimmt mich mehr als zuversichtlich, dass dieser Trend Corona überdauern wird und Videosprechstunden bald zum Standard gehören.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Laut des diesjährigen World Cancer Reports der WHO wird sich die Zahl der Krebsfälle bis 2040 weltweit fast verdoppeln. Einer der Gründe dafür ist eine alternde Gesellschaft, ein anderer ist unsere Lebensweise. Es wird geschätzt, dass 40% aller neuen Krebsfälle durch die Implementierung von Primärpräventionsmaßnahmen verhindert werden könnten. Daher wird die Rolle von Lifestyle Medizin, die u.a. Ernährung, Schlafmanagement und Bewegung in der Prävention von NCDs wie Krebs einsetzt, an Bedeutung gewinnen. Hier werden insbesondere digitale Tools zum Einsatz kommen, die uns helfen unseren individuell besten Schlaf/Wach-Rhythmus zu finden oder unseren Koffein-Konsum sichtbar machen. Food Scanner können hingegen helfen, die Bestandteile und Allergene von Mahlzeiten zu entschlüsseln. Digitale Ernährungstagebücher supporten etwa Diabetes Typ 2 Patienten dabei, ihre Krankheit besser zu managen und personalisierte Ernährungs- und Rezepttipps zu erhalten.

Außerdem werden maßgeschneiderte Therapien auf Basis von Präzisionsmedizin ein echter Game Changer für die Prävention, Diagnose und Behandlung vieler Krankheiten, wie z.B. Krebs sein. Wir werden uns wegbewegen vom aktuell noch vorherrschenden „eine Therapie für alle-Ansatz“ sondern uns stattdessen genau die Genmutationen eines Tumors anschauen um die individuell effektivste Behandlung zu bestimmen. Aktuell ist Präzisionsmedizin noch sehr ressourcenintensiv und invasiv, da Tumore sehr traditionell analysiert werden – mittels Genomforschung und Pathologie. KI-basierte Bildgebungsverfahren können helfen, Präzisionsmedizin voranzutreiben und sind gleichzeitig weniger invasiv, ressourcenschonend und daher kostengünstiger und patientenfreundlich.  

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

In den kommenden Jahren werden sich vor allen Dingen telemedizinische Angebote weiter etablieren. Nicht nur dem Bedürfnis nach einem Arztbesuch ohne Wartezeiten und ohne Infektionsrisiko kann dadurch nachgekommen werden. Videosprechstunden und Co. helfen auch die Versorgungssicherheit in ländlichen Gebieten sicherzustellen, sich leichter Zweitmeinungen einzuholen und Zugang zu hochspezialisierten Fachärzten und -therapeuten zu bekommen, die nicht in meiner unmittelbaren Nähe operieren.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Gründer*innen im Bereich Digital Health agieren in einer der spannendsten aber auch am stärksten regulierten Branchen Deutschlands. Deswegen ist es für diese Startups umso wichtiger, sich ein gutes, verlässliches Netzwerk aufzubauen, erfahrene Mentor*innen als Sparringpartner zu haben und sich starken Support an die Seite zu holen. Im ZOLLHOF bieten wir jungen Gründer*innen genau das an und zwar in einem historisch gewachsenen Ökosystem aus über 500 Med Tech Unternehmen, 65 Kliniken und 80 Forschungseinrichtungen – dem Medical Valley Nürnberg/Erlangen.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Sicher keine Geheimtipps, aber die BITKOM Digital Health Conference, die DMEA und als Nürnbergerin sage ich noch die MedTec Live. International habe ich viel Gutes von der Vitalis in Göteborg gehört, sie steht bei mir für’s nächste Jahr auf der Agenda – so Corona will.

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Frederik Humpert-Vrielink
im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Mein Name ist Frederik Humpert-Vrielink. Als Geschäftsführer und Gesellschaft der CETUS Health IT Leadership unterstützen wir Gesundheitsdienstleister ganzheitlich dabei, Digitale Medizin als Gesamtprozess und nicht nur als Technikgadget zu betrachten. Durch den Einblick in die Krankenhäuser und deren Prozesse schaffen wir in unseren Projekten direkten Mehrwert durch Digitale Transformation in der patientenorientierten Medizin am Ende eines Projektes.

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? 

Wir haben als einziges Unternehmen in der Krankenhausberatung mit der Plattform ESAMIT den Beratungsprozess zur Digitalen Transformation selbst digitalisiert. Unser Werkzeug simuliert für ein Krankenhaus oder einen anderen Gesundheitsdienstleister exakt die kaufmännischen, prozessualen, personellen und medizinischen Auswirkungen der Strategie zur Digitalen Transformation. Mit diesem volldigitalisierten Ansatz schaffen wir ein Ökosystem, mit dem es gelingt, den Wandel vom Betreiber einer Immobilie voller Technik und Patienten hin zu einem Smart Health Provider zu gehen und diese Investitionen exakt zu amortisieren.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Medizin wird mit Hilfe der Digitalisierung präziser und genauer werden. Durch die digital unterstütze Auswertung von Vitaldaten erhalten Ärzte die Möglichkeit, für nahezu jede Krankheit eine passgenaue Therapie zu entwickeln. Digitalisierung hilft in der richtigen Ausbaustufe, Patienten gesünder zu machen und die Nachsorge zu optimieren. Künstliche Intelligenz und Rechenleistung ermöglichen es, Daten viel genauer zu interpretieren, als es der einzelne Arzt in der aktuellen Praxis zeitlich kann.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Das größte Marktpotenzial liegt aus meiner Sicht im Internet der Dinge, der Precision Medicine und der Verknüpfung der molekular digitalen Medizin. Das Internet der Dinge ermöglicht es, Nachsorge und Vorsorge viel direkter mit Hilfe von Sensorik in den Alltag der Patienten zu integrieren und passgenauer zu gestalten. Precision Medicine ermöglicht es, die Kosten für Gesundheit und Heilung für genaue Therapien einzusetzen und das immer noch verbreitete „Ratespiel“ bis hin zur Symptomfreiheit mit validen Daten zu hinterlegen und damit besser zu gestalten. Die molekular digitale Kombination wird gerade bei invasiver Onkologie und anderen Krankheiten ein großes Potenzial entwickeln, eindeutige Therapien zu entwickeln. Alle Bereiche setzen jedoch eine verlässliche Cyber Security, moderne und verfügbare IT-Strukturen sowie ein hohes Maß an Datenschutz und standardisierten Prozessen voraus.

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health?

Jeder Gründer sollte seinen Ansatz vom Patientennutzen aus denken. In letzter Konsequenz sollte die Digitale Transformation nicht bestehende schlechte Strukturen schneller machen sondern die Struktur zum Wohl der Patienten verändern.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

Zu empfehlen ist der Digital Health Summit in München, die Precision Medicine World Conference in den USA und die MEDICA mit den Health IT Symposien und dem einzigartigen Zugang zu Herstellern von Medical Devices. Alle Events leider aber aus meiner Sicht darunter, dass die Inhalte meist zum Zeitpunkt des Events von der technologischen Entwicklung überholt worden sind.

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Moritz Butscheid
im Interview

 Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Mein Name is Moritz Butscheid, ich bin ein Arzt mit MBA der bei einer Pharmafirma für Digitalisierung zuständig ist. In der digitalen Medizin konvergieren zwei Megatrends, die Digitalisierung und die sich verändernde globale Demographie: Beides zusammen ergibt ein nicht zu unterschätzendes Potential zur Verbesserung unserer Zukunft. Meine Rolle bei Novartis umfasst den Einsatz neu zur Verfügungs stehender Technologien zur Beschleunigung/Verbesserung des Weges von Patienten durch das Gesundheitsystem: Von Information durch soziale Medien, digitalem Marketing, Apps (für Ärzte, Krankenschwestern, Patienten, Angehörige, etc.) über Big Data Analytics und künstlicher Intelligenz bis zu neuartigen Sensoren.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt macht Euer Venture? Wo schafft Ihr einen Mehrwert?

Big Pharma hat in den Gesundheitssystem weltweit häufig das grösste wirtschaftliche Interesse gepaart mit den finanziellen Möglichkeiten um die Patientenversorgung zu verbessern. 

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Normierung und Interoperabilität zwischen Platformen innerhalb und zwischen Märkten zusammen mit der Verbindung von Einzellösungen in Kombinationsprodukten wird riesige Effizienz- und Qualitätssteigerungen bringen. Heute hat die Digitalisierung dasselbe Problem das die erste Industralisierung hatte: Fehlende Normen führen zu einer unproduktiven Anhäufung von Insellösungen die sich nicht skalieren lassen.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Auf Patientenebene: 24/7 Gesundheitsdienste über das Smartphone (z.B. Babylon Health) & digitale Verhaltensänderungsunterstützung (z.B. Omada). Auf Arztebene: Digitalisierung ein Teil klassischer Arztaufgaben (Anamnese, Differentialdiagnose, Beurteilung von bildgebenden Verfahren, etc.), Fokus auf einen neuen Satz von Kernaufgaben (Diagnosebesprechung, Therapieberatung, Interventionen). Auf Kassenebene: Geziehlte Präventivmedizin durch Big Data Analytics.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Es ist nie neue Technologie alleine. Ja, sie muss funktionieren und besser sein als der Status Quo, aber das Geschäftsmodell ist mindestens ebenso wichtig (wer muss überzeugt werden, wie kommt das Produkt zu den Kunden, wer bezahlt, wie verändert das neue Modell das existierende)

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

JP Morgan Health Conference

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Carola Harms
im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Mich treibt es, mit anderen Pionieren neue gesellschaftsrelevante Entwicklungen mit zu gestalten. Mein erstes Aha-Erlebnis war, als ich vor ca. 10  Jahren im Rahmen einer Innovations-Veranstaltung Raymond Kurzweil erleben durfte – den amerikanischen Visionär, der von der “Revolution der Medizin” als nächsten großen gesellschaftlichen Meilenstein sprach. Das hat mich nachdrücklich beeindruckt und seitdem nicht mehr losgelassen.

Den Healthcare-Bereich und seine Herausforderungen kenne ich sowohl aus Unternehmer- als auch aus Konzernsicht. Zum einen trieb ich als Geschäftsführerin den Aufbau der Isarklinik in München voran, ein Scale-Up eines neuartigen Klinikkonzepts. Zum anderen arbeite ich seit einigen Jahren für den Pharma- und Diagnostikkonzern Roche in der Unternehmenskommunikation und begleite dort u.a. Themen rund um Digital Health Innovation und personalisierte Medizin. Zudem bin ich für die RoX Health GmbH tätig, dem Company-Builder der Roche Pharma AG. Wir unterstützen dort Gründer und Start-ups, die ihre digitalen Gesundheitslösungen in die deutsche Regelversorgung überführen wollen. Außerdem engagiere ich mich im Rahmen meines eigenen Beratungsunternehmens für Gründer und Start-ups als Mentorin bzw. Beirätin. 

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Ich kenne Arbeitswelten aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln: aus unternehmerischer Sicht, aus Konzernsicht und auch aus politischer Perspektive. Arbeitsweise, -prozesse und Unternehmenskultur unterscheiden sich hier oft gravierend. Hier verstehe ich mich als kommunikatives Bindeglied – denn wir brauchen alle drei Erfahrungswelten, um digitale Gesundheitslösungen erfolgreich am Markt zu platzieren. 

Schon immer war ich First-Mover, wenn es um das Ausprobieren digitaler Lösungen geht, die meinen Alltag erleichtern: so bin ich bereits seit der ersten Generation des Blackberry Fan von ortsunabhängiger mobiler Arbeit. Um meinen persönlichen Alltag zu organisieren nutze ich diverse Apps wie Evernote und Omnifocus oder Projekt- und Kollaborationstools wie Trello. Aber auch Gesundheits-Apps und Fitness-Tracker finden sich auf meinem Smartphone.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Ein langfristiger Shift von der Therapie hin zur Früherkennung sowie IT-unterstützte eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge sehe ich als Riesenchance.

Das Gesundheitssystem ist derzeit noch stark auf die Behandlung und Therapie von Patientinnen und Patienten ausgerichtet. Hier werden uns digitale Lösungen sehr unterstützen können. Aber wäre es nicht klasse, wenn Krankheiten schon viel früher erkannt und Menschen schon in einem viel früheren Stadium behandelt werden könnten? Ein langfristiger Shift von der Therapie hin zur Früherkennung sowie IT-unterstützte eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge sehe ich als Riesenchance. Hier können digitale Tools entscheidend helfen. 

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Diejenigen digitalen Gesundheitslösungen werden am Markt die größten Chancen haben, die konkrete therapiebegleitende Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten decken. Was es dabei zu beachten gilt: in Deutschland herrscht eine Denkweise vor, bei der Menschen nicht bereit sind, selbst Kosten für ihre Gesundheitsversorgung zu übernehmen. Vielleicht ändert sich diese Einstellung irgendwann mal. Start-ups sollten also ihre digitalen Lösungen von Anfang an DiGAV-konform entwickeln, so dass diese später auch von den Krankenkassen erstattet werden können.

Zudem werden Lösungen eine Chance haben, die den Arzt in seiner täglichen Arbeit unterstützen: von digitalen Pre-Screenings bei bildgebenden Verfahren bis hin zu digitalen Arbeitstools.

Auch im Klinikkontext bin ich überzeugt, dass es noch viel Potenzial für Verbesserungen gibt, die zur Prozesseffizienz aber auch zur Diagnosequalität beitragen können, z.B. bei Klinikmanagement-Systemen oder den digitalen Schnittstellen zwischen den einzelnen Klinikfachabteilungen, so dass Ergebnisse bildgebender Verfahren von Fachärzten unterschiedlicher Disziplinen eingesehen und besprochen werden können. Ein weiteres Beispiel sind Tools, die die Arbeit der Pflegekräfte unterstützen. 

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Einfach machen! Es herrscht derzeit auch aus politischer Sicht eine große Bereitschaft digitale Gesundheitslösungen voranzutreiben. Das sollte jede Gründerin oder Gründer nutzen und die vielfältigen Beratungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen: sei es bei Startup-Programmen der großen Universitäten wie der Technischen Universität München, den Accelerator-Programmen von Konzernen der Healthcare-Industrie oder politisch geförderten Initiativen. Gerne möchte ich auch insbesondere Frauen ermutigen, sich für eine Gründung zu entscheiden – auch hier gibt es viele Fördermöglichkeiten.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

  1. Der jährliche Digital Health Summit der TU München
  2. “Digital Health 2020 – EU on the Move” am 11.11.2020 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 
  3. Der Online Health Event “Health – the digital future” am 12./13.11.2020 des Handelsblatts
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Bernhard Calmer
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Seit meiner Geburt höre ich auf den Namen Bernhard Calmer und bin seit gut 35 Jahren im Healthcare Business unterwegs. Ich habe Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen studiert. Meine erste berufliche Station war im Bereich der Wirtschaftsprüfung; anschließend habe ich als Stab der Geschäftsführung in einem Krankenhaus gearbeitet und war dann für viele Jahre IT-Leiter in einem Hamburger Krankenhaus. Und nun bin ich seit gut 25 Jahren in IT-Unternehmen im Gesundheitswesen tätig. Wie ihr an meinem Werdegang schön sehen könnt, ging es über die Betriebswirtschaft und die kaufmännischen und administrativen Verfahren immer mehr in Richtung Digitale Medizin. Heute reden wir über Künstliche Intelligenz (KI), Robotik, intelligente Exoskelette und Diseasemaps in denen Krankheiten und ihre Verläufe in einer mehrdimensionalen Matrix gemanaged werden können. Meine Rollen waren unterschiedlich, sie haben sich aber fast immer mit der Frage beschäftigt: Was kommt morgen –  und was kann und muss ich heute schon tun, um dafür gut aufgestellt zu sein? Bis vor kurzem war ich als Direktor für das Business Development in Central Europa tätig, heute bin ich einer der Geschäftsführer der CGM Clinical Europe.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

„Wir ertrinken in Daten und hungern nach Wissen“, so hat es John Naisbitt in seinem Buch über die Megatrends des Jahrtausends ausgedrückt. Wissen über die Hintergründe, die Geschichte der Health IT und ihrer handelnden Personen, die digitale Transformation und die kybernetische Verflechtung aller Dinge – ich glaube das ist mein Alleinstellungsmerkmal. Mein Alltag ist allerdings – immer noch – eine Mischung aus digital und analog. So schleppe ich eigentlich nie Papier mit mir rum, alle Notizen erfolgen auf dem Surface, werden ins iPhone diktiert oder getippt. Aber der Austausch mit Menschen, das gemeinsame Arbeiten an und in Projekten findet für mich im Kern immer noch analog und persönlich statt. Corona hat sicher massiv dazu beigetragen, dass viele Termine nun virtuell stattfinden, aber da sind wir noch nicht wirklich trainiert. Unsere Aufmerksamkeitsspanne sinkt viel schneller, es ist – noch – nicht das gleiche „Feeling“ mit einem Menschen persönlich oder digital zu sprechen.  Mehrwerte finden sich schon vielfältige: weniger Termine vor Ort, weniger Reisen, weniger Umweltbelastung. Aber eben auch Brüche zwischen den Welten, das elektrifizieren von analogen Dingen etc. 

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Ich weiß nicht, ob jemand das Buch von Leo Nefiodoff „Der sechste Kondratieff“ kennt. Es ist ein Buch, in dem es um langwellige Zyklen geht, die unsere Gesellschaft und die gesellschaftliche Wertschöpfung nachhaltig (so über 50 Jahre) beeinflussen. Er vertritt die These, dass der nächste große Zyklus (der 6. Kondratieff) die Gesundheit bzw. die Gesunderhaltung der Menschheit sein wird. Aus einer Reparaturmedizin wird eine präventive Medizin. Das geht nicht ohne das Erheben und Messen von Daten. Das kann natürlich zukünftig nur digital erfolgen. Die heutigen Wearables und Smartphones geben uns schon einen guten Ausblick auf das, was da kommen wird. Wir sprechen ja auch gerne vom „selfquantifiying“. KI wird uns helfen, die Daten auszuwerten und beginnende Erkrankungen oder besser Veränderungen in unserem Körper zu erkennen und darauf zu reagieren. Das Ganze hat dann einen Impact nicht nur auf den Einzelnen, sondern auch darauf, wie unser Gesundheitssystem funktioniert. Bezahlen wir heute einen Arzt oder ein Krankenhaus für die „Reparatur“, werden wir ihn morgen vielleicht dafür bezahlen, dass er uns hilft, gesund zu bleiben…. 

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

In den kommenden Jahren werden mehrere Bereiche gleichzeitig größeren Veränderungen unterworfen sein: Im Krankenhausbereich wird es vor allem um den Ausbau der IT in die klinischen und pflegerischen Bereiche gehen. Digitale Kurve, Medikation und mobile Lösungen fehlen heute noch in vielen Häusern. Gleichzeitig wird durch den Gesetzgeber die Telematik-Infrastruktur mit elektronischem Medikationsplan, Notfalldatensatz und elektronischer Patientenakte forciert werden. Das betrifft auch die ambulante Versorgung. Wenn dieser Schritt geschafft ist und wir in Deutschland eine „Datenautobahn“ haben, wird auch der Bürger/Patient davon profitieren und seine Krankenakte befüllen können. Das DIGA sorgt parallel dafür, dass Ärzte Apps verschreiben können und damit der digitalen Medizin einen Vorschub leisten. Die Krankenkassen werden auf der anderen Seite ihre Angebote erweitern, um ihren Versicherten Daten aus der Krankenversorgung zur Verfügung zu stellen. 

Steht die Datenautobahn einmal, werden auch in der ambulanten Pflege und im Bereich Social Care neue Möglichkeiten entstehen und datenbasierte Geschäftsmodelle entstehen. Geschäftsmodelle die den Betroffenen – egal ob Bürger oder Patient – die dienstleistenden Institutionen oder Menschen bei der Gestaltung der Prozesse aber auch die Industrie dahinter z.B. bei der Wartung teurer Kernspintomographen mittels Daten und KI unterstützen. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Das Gesundheitswesen gehört – neben der Energiewirtschaft und der Verteidigung – zu den reguliertesten Märkten in Deutschland. Es ist in Europa nicht einheitlich geregelt, d.h. die EU kann keine Gesetze direkt für das Gesundheitswesen eines Landes treffen. Der Markt ist also lokal, hoch reguliert und komplex. Schaut ihn euch genau an, macht euch schlau, sucht den Kontakt zu Menschen, die diesen Markt kennen. Gute Ideen und Geld allein führen hier nicht zum Erfolg. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Das ist eine gute Frage. Aus meiner Sicht nicht so einfach zu beantworten – denn Startup-Veranstaltungen sind in Deutschland für die Digitalisierung des Gesundheitswesens noch regional ausgerichtet. Im Cluster München ist es sicher die „Digital meets Clinical Healthcare“, im Berlin-Brandenburg Cluster sind es Veranstaltungen des Bayer Grants4Apps Accelerator, der helios.hub der Helios Kliniken Gruppe, der Healthcare Hub Berlin von Pfizer, der Flying Health Inkubator und das Startupbootcamp. Wenn Ihr eher technisch unterwegs seid, ist die medica in Düsseldorf wichtig. Als eine der wichtigsten Szene-Veranstaltungen hat sich die DMEA (früher conhIT) in Berlin etabliert. 

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Ich persönlich würde die folgenden vier Newsletter empfehlen: casemix-news@myDRG.de, digitalhealthnews.de, devicemed.de und kma. Mit diesen erhält man einen guten Überblick über Health-IT, Medizintechnik und den Krankenhausmarkt. 

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iATROS Gründer Prof. Dr. Alexander Leber im Interview

Ich bin Kardiologe und seit über 20 Jahren wissenschaftlich aktiv engagiert, um Diagnostik und Therapie schonender und besser für die Menschen zu machen. Aus meiner praktischen Arbeit heraus, sehe ich die Potentiale  für Menschen aber auch für Mediziner, die uns die digitale Innovation bietet und das hat mich inspiriert hier aktiv an einer Lösung zu basteln, die sofort nutzbar ist. So ist dann unser Startup iATROS, ein virtuelles Herzzentrum, entstanden.  

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt macht Euer Venture? Wo schafft Ihr einen Mehrwert?

Der Traditionelle Arzt-Patienten Kontakt ist punktuell und basiert auf geplanten Terminen. Der Natur und Dynamik von chronischen Erkrankungen wird das nicht unbedingt gerecht. Es kann jederzeit zu Veränderungen und Verschlechterungen kommen auf die möglichst zeitnah reagiert werden muss.  Mittlerweile existiert die Technologie (z.B. die grosse Anzahl an medizinischen wearables), um einen Paradigmenwechsel hin zu einer kontinuierlichen remote Betreuung herbei zu führen.  Die meisten digitalen Lösungen sind spezifisch, proprietär und  entweder Patienten- oder Arzt zentriert und auch nicht in die Gesundheits IT integrierbar.  Konkret bedeutet das, dass heutzutage jeder Mensch tolle Devices mit APP zur Blutdruckmessung oder sogar Uhren mit EKG Funktion zur Selbstdiagnostik nutzen kann. Mit den Daten und Resultaten muss er dann jedoch irgendwie selber umgehen und letztendlich wieder einen Termin beim Arzt ausmachen und ihm die Daten in ausgedruckten PDFs mitbringen. Unsere Plattform vernetzt Patienten mit Ärzten und bietet somit die Grundlage für eine kontinuierliche Betreuung. Wir haben bereits die grössten Tech Anbieter von wearables integriert, so dass ein permanenter Datenaustausch von Vitalparametern erfolgen kann und zwar über eine einzige App.  Darüberhinaus stellen wir Ärzten und Patienten Indikations spezifische digitale Gesundheitsprogramme zur Verfügung, die dem Patienten helfen seine Erkankung besser zu managen oder auch Herzerkrankungen wie z.B. Herzinfarkten vor zu beugen. Gekoppelt ist dieser Service an ein 24/7 verfügbares Telemedizinzentrum.  Somit haben wir einen Mehrwert für Ärzte geschaffen, weil sie nun mit einer turn key solution einfach und sofort in die digitale Medizin einsteigen können und ihre Patienten ohne grossen Aufwand remote betreuen können. Der Mehrwert für Patienten liegt in einer besseren Versorgung, die hoffentlich Komplikationen verringert und dem chronisch kranken Herzpatienten ein grösseres Sicherheitsgefühl bringt.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso?

Die grösste Chance der Digitalisierung liegt in der Möglichkeit das Bewusstsein für Erkrankungen und einen gesunden Lebensstil durch eine bessere Transparenz und Verfügbarkeit zu verstärken. Darüberhinaus wird sich mit Hilfe von KI  die medizinische Diagnostik komplett und zwar zum Positiven hin verändern. Das grösste Potential liegt in der Möglichkeit Topwissen und Spitzenmedizin maximal zu skalieren und überall verfügbar zu machen.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Das grösste Marktpotenzial liegt in der Möglichkeit die weltweiten Gesundheitssysteme grundlegend zu verändern.  Ich halte die Vision, dass sich die Gesundheitssysteme allein durch die Bereitstellung von strukturierten Daten finanzieren lassen für sehr spannend.    Menschen zahlen keine Beiträge sondern mit anonymisierten Gesundheitsdaten.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Ich empfehle allen Gründern ein interdisziplinäres diverses Team auf zu bauen. Der Gesundheitsmarkt hat eine eigene Charakteristik und von daher halte ich  praktische Expertise in diesem Markt für ein sehr wichtiges Asset, welches allerdings nur einen Vorteil bringt, wenn diese Expertise mit digitalem Pioniergeist und frischen Impulsen aus anderen Industrien gepaart wird. Für Investoren und Gründer gleichermassen wäre mein Ratschlag nicht nur auf schnelle Umsätze und Profits zu schielen, sondern eher das Potential auf grundlegende systemrelevante Verbesserungen ihrer Lösungen im Blick zu haben. Digital health Lösungen sollten meiner Meinung  nach  immer eine Verbesserung der Versorgung bestimmter Krankheitsbilder oder der Prävention zum Ziel haben. Den schnellsten Marktzugang haben sicherlich Innovationen, die Prozesse verbessern und ökonomisieren und somit spezialisiertes Fachpersonal effizienter agieren lassen. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Die Veranstaltungen des Forum MEd Tech Pharma des Medical Valley, DMEA und wahrscheinlich die CES

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die Digitalisierung eines der besten Gesundheitssysteme der Welt
Christian Bredl im Interview

Unser Gesundheitssystem gilt zu Recht als eines der besten in der Welt. Das wurde eindrucksvoll in den vergangenen Wochen bestätigt. Die Digitalisierung kann dafür sorgen, dass dies auch für künftige Generationen so bleibt und dabei die Kosten eine vertretbare Relation zur Wirtschaftsleistung nicht überschreiten.

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Die digitalen Möglichkeiten zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung noch besser als bisher zu nutzen –  das steht bei mir als bayerischer Krankenkassenmanager ganz oben auf der Prioritätenliste. Meine Rolle sehe ich darin, digitale Innovationen, die unser Gesundheitssystem bezahlbar und qualitativ hochwertig bleiben lassen, so schnell wie möglich in den Versorgungsalltag zu bringen. Ich bin in der Funktion als Kommunikator und als Moderator, um die oft diametral auseinanderliegenden Interessen, beispielsweise von Leistungserbringern, Leistungsbezahlern oder den Erwartungen der Patienten, so zusammenzuführen, dass die digitale Medizin ihre Stärken für alle Beteiligten entfalten kann.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Ich würde derzeit bei der Digitalisierung nicht von einem Alleinstellungsmerkmal sprechen. Mein Alltag findet, wie bei vielen anderen auch, derzeit verstärkt digital statt. Videokonferenzen, Chats, Onlineplattformen – der Austausch und die Kommunikation erfolgen fast ausschließlich in digitaler Form.

Für mich ist jedoch immer noch der direkte persönliche Kontakt enorm wichtig. Und ja, vor  einem halben Jahr hätte ich mir nicht vorstellen, das alles über Monate hinweg digital zu erledigen. Aber vor Monaten hat sich bei uns im Land auch kaum jemand vorstellen können, dass Omas und Opas regelmäßig mit ihren Enkelkindern skypen, zoomen oder facetimen.

Hier wird der Mehrwert der Digitalisierung für alle klar. Ich hoffe, dass wir diesen Schwung und diese vielen positiven Erkenntnisse in die Zeit nach der Pandemie mitnehmen können, denn: Gerade Deutschland hat bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens noch Einiges aufzuholen.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Unser Gesundheitssystem gilt zu Recht als eines der besten in der Welt. Das wurde eindrucksvoll in den vergangenen Wochen bestätigt. Die Digitalisierung kann dafür sorgen, dass dies auch für künftige Generationen so bleibt und dabei die Kosten eine vertretbare Relation zur Wirtschaftsleistung nicht überschreiten.

Mit dem intelligenten Austausch von Daten können Über-, Unter- und Fehlbehandlungen vermieden werden, die derzeit noch Milliardensummen im Gesundheitswesen verschlingen. Das gelingt uns aber nur, wenn wir die Menschen, für die das Gesundheitswesen da ist, verstärkt in die Entscheidungen miteinbeziehen. Dazu sind transparente digitale Gesundheitsservices wie eine elektronische Patientenakte nötig, die sich immer weiterentwickeln muss. Die gesetzlichen Grundlagen wurden jüngst mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz, kurz PDSG, geschaffen. Der Weg ist nun frei, dass  Patienten in Zukunft das Leben erleichtert wird, wenn sie alle ihre Gesundheitsdaten an einem Ort abgelegt haben. Kliniken, Ärzten, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern ermöglicht dies auch ein vernetztes Arbeiten. Hier sehe ich das größte Potential.

Die Chancen würden sich sogar noch steigern, wenn Versicherte die Möglichkeit bekämen, ihre Daten ihrer Krankenkasse selbst zur Verfügung zu stellen. So könnten die Kassen ihre Kunden unterstützen und mit individuellen Informationen auf sie zugehen. Gerade in Pandemiezeiten, die laut Experten auch zukünftig immer wieder auftreten werden, könnten wir besonders Betroffene frühzeitig auf digitalen Kommunikationswegen erreichen. So wäre es präventiv möglich, viele schwere Erkrankungen, vielleicht sogar auch Todesfälle, zu vermeiden.  

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Bahnbrechende Innovationen in der Medizin und bei der Behandlung der Menschen sind heute nur noch möglich, wenn intelligent vernetzt große Datenmengen ausgewertet werden. Aktuell sehen wir das bei der Corona-Pandemie. Weltweit forschen Teams an Impfstoffen oder Behandlungsmöglichkeiten und tauschen sich über Kontinente hinweg digital in Echtzeit aus. Das muss auch der Weg in Deutschland und in Europa sein.

Mit der EU-Ratspräsidentschaft ab Juli kann Deutschland entscheidend dazu beitragen, dass durch die geregelte Nutzung der Gesundheitsdaten in den kommenden Jahren ein innovatives, freiheitliches und soziales Modell etabliert wird. Damit könnte Europa ihren Bürgern eine hervorragende Alternative im Gesundheitswesen bieten zum chinesischen Staats- und Überwachungskapitalismus oder dem kommerziell getriebenen US-Kapitalismus.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Alle digitalen Innovationen sollte immer aus der Sicht des Patienten beziehungsweise des Versicherten gedacht werden. Für sie muss es einen konkreten Mehrwert darstellen, der sich leicht in ihren Alltag integrieren lässt. Wenn Gründer und vor allem Investoren dies bei ihrer neuen Idee im Bereich digital health berücksichtigt haben, können sie sich im Gesundheitswesen Partner suchen, um beispielsweise Modellprojekte zu initiieren. Das können neben innovativen Krankenkassen auch aufgeschlossene Kliniken, Ärzte, sonstige Leistungserbringer oder deren Verbände sein. Die so gewonnenen praktischen Erkenntnisse können dann zur Weiterentwicklung der Idee umgesetzt werden.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Fixe Termine jedes Jahr sind für mich der Bayerische Tag der Telemedizin und der Europäische Gesundheitskongress in München. Auch der Münchner Digital Health Summit und das DigiMed Bayern Symposium ist aus meiner Sicht ein Muss. Interessant finde ich auch die verschiedenen Hackathons in München, Hamburg oder Köln, die sich mit innovativen Healthcare-Lösungen beschäftigen.