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Jura, Medizin und digitale Gesundheit mit Kristin Memm

Die digitale Medizin wird Abläufe vereinfachen, viel Handarbeit automatisieren und letztendlich dazu führen, dass sich der Arzt wieder seiner Aufgabe widmen kann – der Behandlung und Begleitung seiner Patienten.

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Ich bin Volljuristin mit einem Medizinstudium. Lange Zeit habe ich als Juristin in einer Ärztekammer gearbeitet und bin nach einem Jahr im Ausland in die Berliner Start-up-Szene eingetaucht. Als Verantwortliche für den Bereich Legal and Regulatory habe ich den Company Builder Heartbeat Labs bei der Neugründung seiner Digital Health Unternehmen beraten. Zeitgleich gründete ich meine eigene Kanzlei „Kanzlei KM“und fokussierte mich auf die Unterstützung von Ärzten, Trägern des Gesundheitswesens und Digital Health Startup Unternehmen. 

Meine Vision ist eine gute und sichere, patientenorientierte Medizin, in der die Arzt-Patienten-Beziehung und die medizinische und ethische Verantwortung des Arztes wieder eine größere Stellung einnehmen. Die digitale Medizin wird Abläufe vereinfachen, viel Handarbeit automatisieren und letztendlich dazu führen, dass sich der Arzt wieder seiner Aufgabe widmen kann – der Behandlung und Begleitung seiner Patienten. 

Meine Rolle im Bereich der digitalen Medizin ist es, den richtigen Weg für die Projekte meiner Mandanten zu finden. Es gibt großartige Ideen und sie verdienen einen sicheren Stand und die besten Voraussetzungen, um die Medizin der Zukunft zu gestalten.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Als ich begann Jura zu studieren, wußte ich sehr früh, dass ich mich auf das damals noch völlig unbekannte Fachgebiet Medizinrecht spezialisieren wollte. Also habe schon im dritten Semester zusätzlich das Studium der Medizin aufgenommen. Ich wollte die Hintergründe meines künftigen Fachgebietes verstehen, Gutachten selbst bewerten können und Ärztinnen und Ärzten nicht nur als Anwältin, sondern als Kollegin die Hand reichen. 

Heute hilft mir das medizinische Fachwissen, die Gedanken meiner Mandanten zu verstehen, sie in einen rechtlichen Rahmen einzuordnen und so umzusetzen, dass wir gemeinsam individuelle und verlässliche Lösungen für ihre Ziele finden. 

Mein Alltag ist ähnlich digital wie der eines Durchschnittsbürgers. Ich nutze digitale Apps, um mein Leben zu vereinfachen, zum Beispiel wenn ich Bahn fahre oder die öffentlichen Verkehrsmittel nutze. Die Zusammenarbeit mit Kollegen oder Mandanten über weite Entfernungen hinweg wird durch digitale Anwendungen und Onlineseminare überhaupt erst möglich.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Durch die Zusammenführung der Fortschritte in den Biowissenschaften, den Naturwissenschaften und den Informationstechnologien ist die Welt in ein Zeitalter beispielloser wissenschaftlicher und technologischer Fähigkeiten eingetreten. In der Zukunft werden digitale Innovationen die medizinische Versorgung nicht nur ergänzen und weiterentwickeln sondern in jeder Form neu gestalten – ohne die persönliche Beziehung zwischen Arzt und Patient zu ersetzen. Behandlungsunterstützende Applikationen, helfende Robotik, digitale Patientenakten und Softwarelösungen zur Behandlung über große Entfernungen hinweg gibt es bereits. Viele junge Unternehmen werden die Medizin der nächsten Generationen entscheidend verändern. 

Dabei liegt das wohl größte Potenzial in der Zusammenführung und Vernetzung von Informationen (Big Data und KI). 

Dessen Chance liegt für mich darin, allen Patienten in jeder Situation die für sie optimale Versorgung anbieten zu können – über die Grenzen einer Stadt, eines Landes, möglicherweise sogar über die Grenzen eines Kontinents hinweg. Lange Wartezeiten auf Behandlungstermine und fehlende (fach-)ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten werden überwunden, während die Vorsorge und die langfristige Begleitung von chronisch Kranken gewinnt. Zugleich bedeutet eine Digitalisierung der standardisierten Prozesse einer größere Effizienz und Sicherheit in den tagtäglichen Abläufen, was dem Arzt wiederum Zeit gibt, die er für seine Patienten braucht. Denn trotz aller Technologien wird der Arzt immer die letztendliche medizinische und ethische Entscheidungsinstanz sein.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Das größte Marktpotenzial der digitalen Gesundheit liegt kurzfristig in den Digitalen Gesundheitsanwendungen. Vor allem die Telemedizin hat mit einer zunehmenden Verbreitung von Videosprechstunden, der standesrechtlichen Akzeptanz und abrechnungstechnischen Umsetzung ein gut einschätzbares und stabiles Potenzial. Langfristig werden solche Anwendungen, die letztendlich nur die bestehenden Behandlungsmethoden eins zu eins digital umsetzen, die Gesundheit wohl digitalisieren aber nicht neu erfinden. Eine Neuordnung der medizinischen Wissenschaft wird durch die Zusammenführung von Gesundheitsdaten und Erschließung neuer Behandlungsmethoden geschehen. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Zunächst sollte allen Gründern das Ziel und der Sinn, der „Purpose“, ihrer eigenen Vision bewusst sein. Die gesetzlichen Weichen werden im Gesundheitsbereich ständig neu gestellt. Abrechnungsgrundlagen, Arzneimittelbestimmungen, Zulassungsvoraussetzungen und grenzüberschreitende Regelungen ändern sich ständig. Denkt allein an Brexit und all die Anbieter von Fernbehandlungen, die ihre Ärzte in Großbritannien beschäftigt hatten. Die rechtlichen Gegebenheiten ändern sich viel öfter als wir es glauben. Daher ist es wichtig, dass sich ein Unternehmen nicht allein darauf gründet, dass sich hier im Moment ein maximales Marktpotenzial abbildet. Häufig haben sich die Bedingungen grundlegend geändert bis das Unternehmen überhaupt am Markt etabliert ist. Wenn Ihr aber eine Vision habt und wisst, was Ihr mit dieser Vision erreichen wollt, dann lässt sich eine gute Idee immer wieder anpassen – auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen neu gesetzt werden. Substanz ist wichtig.

Investoren rate ich zu berücksichtigen, ob ein Unternehmen wert auf die Einhaltung der rechtlichen Standards legt. Auch wenn wir alle oft „hart am Wind segeln“, ist von Anfang an hohe Qualität in der fachlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Umsetzung der Gründerideen entscheidend für eine gute Marktakzeptanz. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Das hängt entscheidend davon ab, in welchem Bereich der Digitalen Medizin Ihr euch bewegt. Als Anregungen für Euch: eHealth Europe, Big-Data.AI Summit, eHealthCON

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Deutsches Ärzteblatt, Deutsche Apothekerzeitung, LinkedIN (Digital Health, Digital Healthcare Entrepreneurship, eHealth Initiative, Handelsblatt Inside Digital Health, Health 2.0, Healthcare Executives Network, Innovations In Health)

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Sei das Aspirin für den Markt – nicht das Vitamin |
Timo Krasko im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Als Geschäftsführer und einer der Mitgründer des im Jahr 2014 gegründeten digitalen Stellenmarkts und medizinischen Karriereportals www.praktischArzt.de bearbeite ich nun seit über 6 Jahren den Markt und stehe mit unzähligen Entscheidern – hauptsächlich bei deutschen Kliniken – im ständigen Austausch. praktischArzt ist als spezialisiertes Portal mit jedoch monatlich über 1 Million Besuchern eine erste Anlaufstelle für Mediziner, die auf der Stellensuche sind, sich über ihre Karriere informieren wollen oder einfach an der Medizin und dem Klinikalltag interessiert sind. Gleichzeitig unterstützen wir über 1.500 Arbeitgeber beim Ärzte Recruiting und teilen Markttrends und betreiben aktives Employer Branding – alles rein digital.

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Durch diese ebengenannte Expertise digitalisieren wir in unserem Fall das Recruiting und Employer Branding, indem wir einerseits durch die immense digitale Reichweite gegenüber konservative Kanälen wie Print-Stellenanzeigen eine kostengünstige und effiziente Alternative sind und auf der anderen Seite auch die klassische Online-Stellenanzeige auf einem Generalisten auf ein neues Level gehoben haben. Durch das digitale Zusammenspiel aus Stellenanzeige, der automatisierten Streuung auf relevante Partnerkanäle und vor allem auch die Integration in den inhaltlichen Kontext über das Karriere- und Infoportal wurde ein ganz neuer Mehrwert für das Recruiting im medizinischen Umfeld geschaffen. Das Recruiting wurde bei uns vollkommen digitalisiert, an Recruitingtrends angepasst und kosteneffizient gestaltet.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Unabhängig zum Recruiting kann Digitalisierung Prozess-Transparenz bringen und damit auch Kosten- und Aufwandseinsparungen mit sich bringen. Oftmals wird die Wertschöpfung vieler Mitarbeiter*innen stark eingeschränkt durch langwierige Prozesse oder fehlende Transparenz.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Neben dem Thema der Telemedizin, welche – sofern richtig umgesetzt! – nicht nur die sich verstärkenden Notstände des Ärztemangels in ländlichen Gebieten reduzieren und eine flächendeckende Gesundheitsversorgung steigern kann, sehe ich ein großes Potenzial in der möglichen Erleichterung von Expertisen-Austauschen durch digitale Wissen- und Informationsplattformen mit Prozessen zur Zusammenarbeit verschiedener Experten-Gruppen und Anbindung von anderen Akteuren.  

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Sei das Aspirin für den Markt – nicht das Vitamin. Ein Nice-to-have Produkt, das durch Digitalisierung zwar Vorteile bringt, aber keinen Schmerz bekämpft, wird sicherlich Abnehmer und Nutzen finden, jedoch dem Markt langfristig nichts bringen. An erster Stelle sollte daher hinterfragt werden, ob man mit dem neuen Produkt oder Service einen de facto vorhandenen „Schmerz“ eliminieren kann. Genau diese Produkte und Services, haben eben nicht nur eine Daseins-Berechtigung, sondern werden sich zwangsläufig etablieren, werden wachsen und weitere Ausbaupotenziale ermöglichen.

Sei das Aspirin für den Markt – nicht das Vitamin.

Timo Kaske

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

In der Messe- und Kongresslandschaft bewege ich mich leider hauptsächlich auf spezifischen Recruiting-Messen oder Arzt-Kongressen.

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Interviews

Prof. Dr. Dirk Heckmann
im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler  Medizin, Ihre Rolle? 

An meinem Lehrstuhl für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München  und dem dort neu errichteten TUM Center for Digital Public Services setze ich das fort,  was ich bereits 1997 an der Universität Passau begonnen habe: Interdisziplinäre,  praxisorientierte Forschung zur gemeinwohlorientierten Gestaltung von Digitalisierung.  Ein Schwerpunkt ist dabei E-Health und Digitale Versorgung, dessen Bedeutung nicht  hoch genug eingeschätzt werden kann. Deshalb habe ich 2016 auch den  Wissenschaftlichen Beirat für Digitale Transformation bei der AOK Nordost initiiert,  dessen Geschäftsführer ich bin. Als Mitglied der Datenethikkommission der  Bundesregierung war ich schwerpunktmäßig für den Bereich Gesundheitsdaten  zuständig. 

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon  alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert? 

Als Verfassungsrichter und DJ, Internetrechtsprofessor und Lyriker bin ich sicher kein  „typischer Jurist“. Für mich ist die Gestaltung von Lösungen für die herausgeforderte  Digitale Gesellschaft wie eine Komposition: aus Vorhandenem Neues schaffen,  Wohlklang erzeugen und Menschen für das Neue zu begeistern. Über Digitalisierung  kann man nur forschen, wenn man sie (er)lebt. Ich war bereits 2001 der erste  Fachratsvorsitzende der Virtuellen Hochschule Bayern und ein Pionier für E-Learning  bei den Juristen. Deshalb erzeugt die Corona-bedingte Digitale Lehre bei mir Lust statt Frust. 

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der  Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Digitale Versorgung, die Vernetzung der Leistungserbringer und Leistungsträger in der  Telematikinfrastruktur und darüber hinaus, Big Data Analysen von (anonymisierten)  Gesundheitsdaten sowie die Nutzung digitaler Innovationen (z.B. Health Apps) sorgen  dafür, dass valide, relevante Informationen immer und schnell dort sind, wo sie  gebraucht werden, dass neue, vielleicht lebensrettende Erkenntnisse gewonnen und  ineffiziente Prozesse überwunden werden. Digitalisierung kann viel Leid lindern und  verhindern.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit  in den kommenden Jahren und wieso? 

Die elektronische Patientenakte (verpflichtend ab 2021/2022) erfordert  Sicherheitslösungen, aber auch eine Integration in die digitalen Umgebungen von  Arztpraxen, Kliniken und Patienten/Versicherten, für die Innovationen gefragt sein  werden. Daneben wird es einen Markt für seriöse, hilfreiche Health-Apps geben. 

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital  health? 

Beteiligen Sie bei der Entwicklung von Beginn an Experten für Recht, Ethik und  gesellschaftliche Fragen.

Prof. Dr. Dirk Heckmann

Bauen Sie Datenschutz und ethische Grundsätze in Ihre Produkte und Dienstleistungen  ein. Beteiligen Sie bei der Entwicklung von Beginn an Experten für Recht, Ethik und  gesellschaftliche Fragen. Digitale Lösungen, die nur an effizienter Technologie und  Gewinnmaximierung orientiert sind, werden auf Dauer nicht erfolgreich sein. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie  also dringend empfehlen? 

hauptstadtkongress.de
telemed-initiative.de 

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Visionäre der Gesundheit

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Company Interview

eRiXa© – E-Rezept Plattform für Deutschland

Was macht Euer Unternehmen ganz konkret und wie beschreibt Ihr Eure Rolle im Bereich digitaler Medizin? 

eRiXa©” ist die ERSTE völlig unabhängige E-Rezept#APP auf dem deutschen Gesundheitsmarkt (PKV/GKV).
Der Name steht für das elektronische Rezept (“eRX”), welches das Papier-Rezept in Deutschland ersetzt ab 2022 (LINK zum BMG: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/e-rezept.html)
Mit der eRiXa©️ Plattform haben wir neben dem E-Rezept eine „Schlüssel-Technologie“ geschaffen, um die vielen Insellösungen im Gesundheitswesen miteinander zu verbinden, da die kommenden Staatslösungen aus unserer Sicht nur einen begrenzten Mehrwert bieten und insbesondere viele Sonderanforderungen vermissen lassen. Wir sind oft das fehlende „PUZZLE-Teil“ und als Ravensburger ist das natürlich unsere Kernkompetenz.
In einem Satz ausgedrückt: „eRiXa©️ ist der PayPal-Button für jede eHealth-Anwendung oder Webshop zur Bezahlung über Papier- oder elektronischem Rezept und sicheren Datenaustauch unter Leistungserbringern!“

Was ist Euer Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert? 

Wir haben schon HEUTE einen voll-funktionsfähigen eRx-Fachdienst inkl. APP entwickelt, basierend auf der eRezept-Spezifikation der gematik allerdings mit zusätzlichen Features und Sicherheitsmechanismen. Mit “eRiXa©” hat der Patient jederzeit die freie Wahl, bei welcher der über 6.000 Vor-Ort-Apotheke er das E-Rezept einlösen möchte. Wir können schon HEUTE analoge und digitale Rezepte elektronisch verarbeiten. Dabei ist unsere OCR-Lösung ein sehr hilfreiches Tool, damit viele Rezeptdaten automatisch erfasst werden. 

Wo seht Ihr als Unternehmen die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Die Corona-Pandemie hat die Grenzen der heutigen Zettelwirtschaft schamlos offengelegt. Wir sind derzeit im Blindflug und die Corona-Warn-App zwar ein netter Versuch, aber die praktische Anwendung lässt zu Wünschen übrig. Das E-Rezept vom Staat kommt eindeutig zu spät und auch die ePA hätte für den elektronischen Austausch von Corona-Testergebnissen oder Kontakteinen großen Nutzen gehabt 

Welche Erwartungen habt Ihr an die Deutschen Regulationsbehörden und die Politik? 

Das BMG hat in kurzer Zeit sehr viele Gesetze erlassen, um dem digitalen Wandel zu ermöglichen. Leider scheitert die Theorie dann häufig in der Praxis an bürokratischen Hürden oder der Einschränkung des Wettbewerbes aufgrund einer überregulierten technischen Lösung, welche von Lobbisten beeinflusst wird.

Was ist derzeit der limitierende Faktor für Euer Wachstum? 

Das viele Entscheider immer noch warten und hoffen die Digitalisierung kommt früh genug und ohne aktive Beteiligung bei der Gestaltung dieses Wandels. Würden große Firmen mehr in deutsche Start-ups investieren, könnten viele Innovationen viel schneller zur markreife heranwachsen als in den leider oft trägen Konzernen.

Was wünscht Ihr Euch? Was sucht Ihr? 

Wir suchen aktiv Kooperationen mit anderen Start-ups und etablierten Unternehmen im Gesundheitswesen, aber auch in verwandten Branchen wie dem Finanzwesen oder der Versicherungsbranche. Ein offenes Miteinander und eine stärkere Gründermentalität, denn an Ideen mangelt es uns in Deutschland sicher nicht! Oftmals fehlt es an Mut oder den richtigen Kontakten aus dem Netzwerk, um ein Konzept zu realisieren. 

Wo seht Ihr Euer Unternehmen konkret in 20 Jahren? 

Das ist sehr weit in die Zukunft gedacht und niemand kann annährend erahnen wie schnell sich die Welt mit und ohne Corona weiter entwickeln wird. In 20 Jahren wird es unser Unternehmen sicher nicht mehr in dieser Form geben, denn ein Start-up entwickelt sich so schnell und selbst in 2 Jahren kann eRiXa völlig anders aufgestellt sein. Es ist ein schmaler Grat von „from zero to hero“ und zurück und manchmal gehört auch etwas Glück dazu, das aus einem Start-up ein Konzern entsteht. Wir wären schon glücklich, wenn man sich in 20 Jahren noch an eRiXa erinnert und sagt: „So hat alles angefangen und die Corona-Krise hatte rückblickend einen positiven Effekt im Bereich Digital Health hinterlassen und eRiXa war in dieser Zeit ein Vorreiter und Lichtblick am Ende des Tunnels.“  

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Interviews

Stefan Odenbach: Geduld und Beharrlichkeit zahlt sich aus

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Ich bin diplomierter Wirtschafts-Informatiker und Chroniker (Asthma), daher kenne ich seit vielen Jahren das leidige Thema mit den Folgerezepten und Arztbesuchen jedes Quartal. Schon seit 2016 bin ich Selbstständig mit meiner IT-Firma PSO und habe vor 2 Jahren im Rahmen meiner Promotion eine E-Rezept#APP namens „eRiXa©“ entwickelt. Diese App ist die erste völlig unabhängige eRezept-Lösung auf dem deutschen Gesundheitsmarkt und funktioniert nach dem Vorbild der gematik-Spezifikation. Durch eine Kooperation mit apotheken.de können die von Ärzten per QES rechtsgültig ausgestellten E-Rezepte von den Patienten in über 6.000 Vor-Ort-Apotheken in ganz Deutschland eingelöst werden. Ich sehe mich selbst als den „Robin Hood“ im Bereich Digital Health, da ich mich nicht mit dem zufrieden gebe was die Konzerne anbieten. 

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Das Smartphone ist mein ständiger Begleiter und damit organisiere ich meinen Alltag – beruflich und privat probiere ich gerne Neues aus und spiele auch gerne Online-Games. Das ist auch mein USP, denn als „Gamer“ versucht man sich stetig zu verbessern und das nächste Level zu erreichen, auch wenn man dafür unzählige Versuche benötigt. Diese Geduld und Beharrlichkeit zahlen sich oft aus, denn viele Menschen geben zu früh auf oder haben Angst vor Fehlschlägen. Über meine Garmin-Smartwatch verfolge ich zudem meine körperliche Fitness und Schlafverhalten, was mich als Analytiker sehr fasziniert und ich auch gerne an den Challenges meiner Krankenkasse-App teilnehme im Rahmen eines speziellen Bonusprogrammes – dieser Gamification-Ansatz werde ich in Kürze bei eRiXa© integrieren.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

In bin ein bekennender Verfechter von „Big-Data“ und bin überzeugt durch eine große Anzahl von anonymen Daten können viele Krankheiten schneller erkannt oder besser geheilt werden. Ein Beispiel ist die Früherkennung von Hautkrebs durch Foto-Screening beim Dermatologen, der mit Hilfe von KI und einer Datenbank besser Anomalien erkennen kann. Der Mensch wird dadurch bestmöglich unterstützt, aber natürlich soll auch diese Technik den echten Arzt nicht ersetzen. 

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Die elektronische Patientenakte (inkl. E-Rezept) und KI sind für mich im Rahmen der Tele-Medizin die größten Trends in der digitalen Gesundheitsversorgung der Zukunft. Da geht noch viel mehr!

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Sich mit anderen Start-ups vernetzen und über Kooperationen mit größeren Firmen wachsen. Deutschland hat viele schlaue Köpfe, doch oftmals sind die Gründer aus dem Ausland mutiger.
Auch hier spielt die Angst vor dem Scheitern eine zentrale Rolle, weil in anderen Ländern wie USA eine ganz andere Mentalität in Bezug auf „Trail & Error“ besteht als bei uns. Let‘s rock it!  

 Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

Es gibt viele tolle Events (Offline und Online), aber die Expopharm, der BVDVA-Kongress oder Vision.A bzw. Apothekers Corner sind meine persönlichen Highlights über das Jahr verteilt, weil dort durch nützliches Wissen von einer Vielzahl an hochkarätigen Speakern vermittelt wird.

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Natürlich die LinkedIn-Seite von erixa.de (https://www.linkedin.com/company/erixa-die-e-rezept-plattform), aber ich finde ich Facebook-Seite von Steffen Kuhnert („Die Digitale Apotheke“) oder die Podcast-Reihe von Marcel Becker („Apovid“) ebenfalls eine tolle Geschichte. Der wöchentliche Newsletter von Simon Atkinson (https://www.digitalhealthnews.de) ist zudem eine gute Zusammenstellung aktueller Trends im Digital Health Markt. Zum guten Schluss höre ich auf längeren Zug- oder Autofahrten gerne „mein Tagebuch“ von Peter Ditzel als krasses Kontrastprogramm zu „Aporetro – der satirische Wochenrückblick“ von Apotheke-Adhoc – teils verschwimmen die Grenzen immer mehr und man weiß oft gar nicht mehr was Fakt oder Fiktion ist, bei den immer häufiger unglaublichen Entwicklungen und unerwarteten Kooperationen auf dem Gesundheitsmarkt.