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Moritz Butscheid
im Interview

 Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Mein Name is Moritz Butscheid, ich bin ein Arzt mit MBA der bei einer Pharmafirma für Digitalisierung zuständig ist. In der digitalen Medizin konvergieren zwei Megatrends, die Digitalisierung und die sich verändernde globale Demographie: Beides zusammen ergibt ein nicht zu unterschätzendes Potential zur Verbesserung unserer Zukunft. Meine Rolle bei Novartis umfasst den Einsatz neu zur Verfügungs stehender Technologien zur Beschleunigung/Verbesserung des Weges von Patienten durch das Gesundheitsystem: Von Information durch soziale Medien, digitalem Marketing, Apps (für Ärzte, Krankenschwestern, Patienten, Angehörige, etc.) über Big Data Analytics und künstlicher Intelligenz bis zu neuartigen Sensoren.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt macht Euer Venture? Wo schafft Ihr einen Mehrwert?

Big Pharma hat in den Gesundheitssystem weltweit häufig das grösste wirtschaftliche Interesse gepaart mit den finanziellen Möglichkeiten um die Patientenversorgung zu verbessern. 

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Normierung und Interoperabilität zwischen Platformen innerhalb und zwischen Märkten zusammen mit der Verbindung von Einzellösungen in Kombinationsprodukten wird riesige Effizienz- und Qualitätssteigerungen bringen. Heute hat die Digitalisierung dasselbe Problem das die erste Industralisierung hatte: Fehlende Normen führen zu einer unproduktiven Anhäufung von Insellösungen die sich nicht skalieren lassen.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Auf Patientenebene: 24/7 Gesundheitsdienste über das Smartphone (z.B. Babylon Health) & digitale Verhaltensänderungsunterstützung (z.B. Omada). Auf Arztebene: Digitalisierung ein Teil klassischer Arztaufgaben (Anamnese, Differentialdiagnose, Beurteilung von bildgebenden Verfahren, etc.), Fokus auf einen neuen Satz von Kernaufgaben (Diagnosebesprechung, Therapieberatung, Interventionen). Auf Kassenebene: Geziehlte Präventivmedizin durch Big Data Analytics.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Es ist nie neue Technologie alleine. Ja, sie muss funktionieren und besser sein als der Status Quo, aber das Geschäftsmodell ist mindestens ebenso wichtig (wer muss überzeugt werden, wie kommt das Produkt zu den Kunden, wer bezahlt, wie verändert das neue Modell das existierende)

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

JP Morgan Health Conference

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Carola Harms
im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Mich treibt es, mit anderen Pionieren neue gesellschaftsrelevante Entwicklungen mit zu gestalten. Mein erstes Aha-Erlebnis war, als ich vor ca. 10  Jahren im Rahmen einer Innovations-Veranstaltung Raymond Kurzweil erleben durfte – den amerikanischen Visionär, der von der “Revolution der Medizin” als nächsten großen gesellschaftlichen Meilenstein sprach. Das hat mich nachdrücklich beeindruckt und seitdem nicht mehr losgelassen.

Den Healthcare-Bereich und seine Herausforderungen kenne ich sowohl aus Unternehmer- als auch aus Konzernsicht. Zum einen trieb ich als Geschäftsführerin den Aufbau der Isarklinik in München voran, ein Scale-Up eines neuartigen Klinikkonzepts. Zum anderen arbeite ich seit einigen Jahren für den Pharma- und Diagnostikkonzern Roche in der Unternehmenskommunikation und begleite dort u.a. Themen rund um Digital Health Innovation und personalisierte Medizin. Zudem bin ich für die RoX Health GmbH tätig, dem Company-Builder der Roche Pharma AG. Wir unterstützen dort Gründer und Start-ups, die ihre digitalen Gesundheitslösungen in die deutsche Regelversorgung überführen wollen. Außerdem engagiere ich mich im Rahmen meines eigenen Beratungsunternehmens für Gründer und Start-ups als Mentorin bzw. Beirätin. 

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Ich kenne Arbeitswelten aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln: aus unternehmerischer Sicht, aus Konzernsicht und auch aus politischer Perspektive. Arbeitsweise, -prozesse und Unternehmenskultur unterscheiden sich hier oft gravierend. Hier verstehe ich mich als kommunikatives Bindeglied – denn wir brauchen alle drei Erfahrungswelten, um digitale Gesundheitslösungen erfolgreich am Markt zu platzieren. 

Schon immer war ich First-Mover, wenn es um das Ausprobieren digitaler Lösungen geht, die meinen Alltag erleichtern: so bin ich bereits seit der ersten Generation des Blackberry Fan von ortsunabhängiger mobiler Arbeit. Um meinen persönlichen Alltag zu organisieren nutze ich diverse Apps wie Evernote und Omnifocus oder Projekt- und Kollaborationstools wie Trello. Aber auch Gesundheits-Apps und Fitness-Tracker finden sich auf meinem Smartphone.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Ein langfristiger Shift von der Therapie hin zur Früherkennung sowie IT-unterstützte eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge sehe ich als Riesenchance.

Das Gesundheitssystem ist derzeit noch stark auf die Behandlung und Therapie von Patientinnen und Patienten ausgerichtet. Hier werden uns digitale Lösungen sehr unterstützen können. Aber wäre es nicht klasse, wenn Krankheiten schon viel früher erkannt und Menschen schon in einem viel früheren Stadium behandelt werden könnten? Ein langfristiger Shift von der Therapie hin zur Früherkennung sowie IT-unterstützte eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge sehe ich als Riesenchance. Hier können digitale Tools entscheidend helfen. 

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Diejenigen digitalen Gesundheitslösungen werden am Markt die größten Chancen haben, die konkrete therapiebegleitende Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten decken. Was es dabei zu beachten gilt: in Deutschland herrscht eine Denkweise vor, bei der Menschen nicht bereit sind, selbst Kosten für ihre Gesundheitsversorgung zu übernehmen. Vielleicht ändert sich diese Einstellung irgendwann mal. Start-ups sollten also ihre digitalen Lösungen von Anfang an DiGAV-konform entwickeln, so dass diese später auch von den Krankenkassen erstattet werden können.

Zudem werden Lösungen eine Chance haben, die den Arzt in seiner täglichen Arbeit unterstützen: von digitalen Pre-Screenings bei bildgebenden Verfahren bis hin zu digitalen Arbeitstools.

Auch im Klinikkontext bin ich überzeugt, dass es noch viel Potenzial für Verbesserungen gibt, die zur Prozesseffizienz aber auch zur Diagnosequalität beitragen können, z.B. bei Klinikmanagement-Systemen oder den digitalen Schnittstellen zwischen den einzelnen Klinikfachabteilungen, so dass Ergebnisse bildgebender Verfahren von Fachärzten unterschiedlicher Disziplinen eingesehen und besprochen werden können. Ein weiteres Beispiel sind Tools, die die Arbeit der Pflegekräfte unterstützen. 

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Einfach machen! Es herrscht derzeit auch aus politischer Sicht eine große Bereitschaft digitale Gesundheitslösungen voranzutreiben. Das sollte jede Gründerin oder Gründer nutzen und die vielfältigen Beratungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen: sei es bei Startup-Programmen der großen Universitäten wie der Technischen Universität München, den Accelerator-Programmen von Konzernen der Healthcare-Industrie oder politisch geförderten Initiativen. Gerne möchte ich auch insbesondere Frauen ermutigen, sich für eine Gründung zu entscheiden – auch hier gibt es viele Fördermöglichkeiten.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

  1. Der jährliche Digital Health Summit der TU München
  2. “Digital Health 2020 – EU on the Move” am 11.11.2020 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 
  3. Der Online Health Event “Health – the digital future” am 12./13.11.2020 des Handelsblatts
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Interviews

Bernhard Calmer
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Seit meiner Geburt höre ich auf den Namen Bernhard Calmer und bin seit gut 35 Jahren im Healthcare Business unterwegs. Ich habe Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen studiert. Meine erste berufliche Station war im Bereich der Wirtschaftsprüfung; anschließend habe ich als Stab der Geschäftsführung in einem Krankenhaus gearbeitet und war dann für viele Jahre IT-Leiter in einem Hamburger Krankenhaus. Und nun bin ich seit gut 25 Jahren in IT-Unternehmen im Gesundheitswesen tätig. Wie ihr an meinem Werdegang schön sehen könnt, ging es über die Betriebswirtschaft und die kaufmännischen und administrativen Verfahren immer mehr in Richtung Digitale Medizin. Heute reden wir über Künstliche Intelligenz (KI), Robotik, intelligente Exoskelette und Diseasemaps in denen Krankheiten und ihre Verläufe in einer mehrdimensionalen Matrix gemanaged werden können. Meine Rollen waren unterschiedlich, sie haben sich aber fast immer mit der Frage beschäftigt: Was kommt morgen –  und was kann und muss ich heute schon tun, um dafür gut aufgestellt zu sein? Bis vor kurzem war ich als Direktor für das Business Development in Central Europa tätig, heute bin ich einer der Geschäftsführer der CGM Clinical Europe.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

„Wir ertrinken in Daten und hungern nach Wissen“, so hat es John Naisbitt in seinem Buch über die Megatrends des Jahrtausends ausgedrückt. Wissen über die Hintergründe, die Geschichte der Health IT und ihrer handelnden Personen, die digitale Transformation und die kybernetische Verflechtung aller Dinge – ich glaube das ist mein Alleinstellungsmerkmal. Mein Alltag ist allerdings – immer noch – eine Mischung aus digital und analog. So schleppe ich eigentlich nie Papier mit mir rum, alle Notizen erfolgen auf dem Surface, werden ins iPhone diktiert oder getippt. Aber der Austausch mit Menschen, das gemeinsame Arbeiten an und in Projekten findet für mich im Kern immer noch analog und persönlich statt. Corona hat sicher massiv dazu beigetragen, dass viele Termine nun virtuell stattfinden, aber da sind wir noch nicht wirklich trainiert. Unsere Aufmerksamkeitsspanne sinkt viel schneller, es ist – noch – nicht das gleiche „Feeling“ mit einem Menschen persönlich oder digital zu sprechen.  Mehrwerte finden sich schon vielfältige: weniger Termine vor Ort, weniger Reisen, weniger Umweltbelastung. Aber eben auch Brüche zwischen den Welten, das elektrifizieren von analogen Dingen etc. 

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Ich weiß nicht, ob jemand das Buch von Leo Nefiodoff „Der sechste Kondratieff“ kennt. Es ist ein Buch, in dem es um langwellige Zyklen geht, die unsere Gesellschaft und die gesellschaftliche Wertschöpfung nachhaltig (so über 50 Jahre) beeinflussen. Er vertritt die These, dass der nächste große Zyklus (der 6. Kondratieff) die Gesundheit bzw. die Gesunderhaltung der Menschheit sein wird. Aus einer Reparaturmedizin wird eine präventive Medizin. Das geht nicht ohne das Erheben und Messen von Daten. Das kann natürlich zukünftig nur digital erfolgen. Die heutigen Wearables und Smartphones geben uns schon einen guten Ausblick auf das, was da kommen wird. Wir sprechen ja auch gerne vom „selfquantifiying“. KI wird uns helfen, die Daten auszuwerten und beginnende Erkrankungen oder besser Veränderungen in unserem Körper zu erkennen und darauf zu reagieren. Das Ganze hat dann einen Impact nicht nur auf den Einzelnen, sondern auch darauf, wie unser Gesundheitssystem funktioniert. Bezahlen wir heute einen Arzt oder ein Krankenhaus für die „Reparatur“, werden wir ihn morgen vielleicht dafür bezahlen, dass er uns hilft, gesund zu bleiben…. 

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

In den kommenden Jahren werden mehrere Bereiche gleichzeitig größeren Veränderungen unterworfen sein: Im Krankenhausbereich wird es vor allem um den Ausbau der IT in die klinischen und pflegerischen Bereiche gehen. Digitale Kurve, Medikation und mobile Lösungen fehlen heute noch in vielen Häusern. Gleichzeitig wird durch den Gesetzgeber die Telematik-Infrastruktur mit elektronischem Medikationsplan, Notfalldatensatz und elektronischer Patientenakte forciert werden. Das betrifft auch die ambulante Versorgung. Wenn dieser Schritt geschafft ist und wir in Deutschland eine „Datenautobahn“ haben, wird auch der Bürger/Patient davon profitieren und seine Krankenakte befüllen können. Das DIGA sorgt parallel dafür, dass Ärzte Apps verschreiben können und damit der digitalen Medizin einen Vorschub leisten. Die Krankenkassen werden auf der anderen Seite ihre Angebote erweitern, um ihren Versicherten Daten aus der Krankenversorgung zur Verfügung zu stellen. 

Steht die Datenautobahn einmal, werden auch in der ambulanten Pflege und im Bereich Social Care neue Möglichkeiten entstehen und datenbasierte Geschäftsmodelle entstehen. Geschäftsmodelle die den Betroffenen – egal ob Bürger oder Patient – die dienstleistenden Institutionen oder Menschen bei der Gestaltung der Prozesse aber auch die Industrie dahinter z.B. bei der Wartung teurer Kernspintomographen mittels Daten und KI unterstützen. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Das Gesundheitswesen gehört – neben der Energiewirtschaft und der Verteidigung – zu den reguliertesten Märkten in Deutschland. Es ist in Europa nicht einheitlich geregelt, d.h. die EU kann keine Gesetze direkt für das Gesundheitswesen eines Landes treffen. Der Markt ist also lokal, hoch reguliert und komplex. Schaut ihn euch genau an, macht euch schlau, sucht den Kontakt zu Menschen, die diesen Markt kennen. Gute Ideen und Geld allein führen hier nicht zum Erfolg. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Das ist eine gute Frage. Aus meiner Sicht nicht so einfach zu beantworten – denn Startup-Veranstaltungen sind in Deutschland für die Digitalisierung des Gesundheitswesens noch regional ausgerichtet. Im Cluster München ist es sicher die „Digital meets Clinical Healthcare“, im Berlin-Brandenburg Cluster sind es Veranstaltungen des Bayer Grants4Apps Accelerator, der helios.hub der Helios Kliniken Gruppe, der Healthcare Hub Berlin von Pfizer, der Flying Health Inkubator und das Startupbootcamp. Wenn Ihr eher technisch unterwegs seid, ist die medica in Düsseldorf wichtig. Als eine der wichtigsten Szene-Veranstaltungen hat sich die DMEA (früher conhIT) in Berlin etabliert. 

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Ich persönlich würde die folgenden vier Newsletter empfehlen: casemix-news@myDRG.de, digitalhealthnews.de, devicemed.de und kma. Mit diesen erhält man einen guten Überblick über Health-IT, Medizintechnik und den Krankenhausmarkt.