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Interviews Special

Projektmanagement im digitalen Gesundheitswesen |
Martin Knüttel im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Ich bin Martin Knüttel und als Project & Healthcare Manager bei OptiMedis – einem innovativen Unternehmen für Management, Analytik und Forschung im Gesundheitswesen – im Einsatz. Meine Schwerpunkte sind Projektmanagement, Prozessmodellierung sowie MVZ- und Praxismanagement. Als zertifizierter Prince2-Projektmanager kann ich dieses Semester als Dozent für Projektmanagement im Studiengang Arbeits- und Organisationspsychologie an der privaten Hochschule Medical School Hamburg mein Wissen teilen.

Ich bin Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie und engagiere mich im Alumni-Netzwerk der B. Braun-Stiftung.

Das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen spielt aktuell in all meinen Projekten eine entscheidende Rolle, von A wie App zur Unterstützung bei der Schwangerenversorgung bis Z wie zentrale Patientenakte. Ich selbst nehme oft eine Schnittstellenfunktion ein, bin manchmal auch eine Art Dolmetscher zwischen Mensch und digitalen Tools und auch zwischen den klassischen und agilen Methoden des Projektmanagements – immer mit dem Blick darauf, was individuell den größten Benefit für die Projektteams schaffen kann. 

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Unterstützt durch digitale Tools kann ich mich als Projektmanager weg von reiner Planungstätigkeit -immer mehr auf die Themen Kommunikation und Kollaboration in den Projekten fokussieren. Ich halte es für extrem wichtig, dass alle Projektbeteiligten das gleiche Verständnis von der Planung haben und sich unkompliziert und zielführend verständigen können. Eine passende Projektmanagement-Software kann diese Voraussetzungen schaffen und so ein wichtiger Baustein für ein erfolgreiches Projekt sein. Genauso wichtig ist es, das Team frühzeitig einzubinden, denn das beste Tool bringt nur dann Vorteile, wenn es richtig genutzt wird.  

Mehr denn je hat sich der Wert von digitalen Lösungen in den letzten Monaten gezeigt: Unser Arbeitsalltag ist inzwischen ja sehr viel digitaler als noch vor Beginn der Corona-Pandemie – unsere Arbeit konnte selbst in großen Projekten inklusive der Abstimmungsprozesse inzwischen komplett digitalisiert werden. Davon werden wir definitiv langfristig profitieren.

Mein Alleinstellungsmerkmal: So manche Kluft zwischen Mensch und digitaler Lösung erkennen zu können und dann schnell eine Brücke zu schlagen.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso?

Die Digitalisierung ist für mich ein praktisches und sicheres Verbindungsstück zwischen den Akteuren und auch den Sektoren, mit dem wir die Vernetzung im Gesundheitswesen vorantreiben können. Außerdem bietet sie die Möglichkeit Unterstützungsbedarf denen zukommen zu lassen, die ihn wirklich benötigen.

Ein Beispiel aus meiner Praxis: In dem Förderprogramm „M@dita“ (Mutterschaftsvorsorge@digital im Team von Anfang an) schaffen wir aktuell eine digitale Unterstützung für die Schwangerenversorgung, die neben dem vernetzten Austausch in interprofessionellen Teams auch Unterstützungsangebote leichter zugänglich macht. Wichtiges Thema dabei: Patient Empowerment! Alles wird gemeinsam mit der Schwangeren entschieden und sie hat den kompletten Überblick über den Verlauf ihrer Schwangerschaft dank einer praktischen App, die den digitalen Mutterpass integriert hat. Wer Interesse hat, kann sich unter www.madita.online mehr Infos holen. 

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

In der Vernetzung und im Austausch von Gesundheitsinformationen! Der gesamte Mensch mit seinem Umfeld muss zukünftig im Mittelpunkt der Versorgung stehen. OptiMedis ist an vielen Forschungsprojekten im Bereich Digital Health beteiligt und baut seit vielen Jahren regionale, integrierte Gesundheitsnetzwerke wie Gesundes Kinzigtal oder den Gesunden Werra-Meißner-Kreis auf. Digitales, patienten- und teamorientiertes Arbeiten wird hier in den Fokus gerückt: Dafür werden die vielen unterschiedlichen Akteure einer Region sicher miteinander vernetzt – über digitale Lösungen ebenso wie über persönliche Treffen, zum Beispiel im Rahmen von Qualitätszirkeln. Nur so können bei den Medizinern und Therapeuten Informationsdefizite bezüglich Vorbehandlung und Therapie von Patienten abgebaut werden. Wir brauchen also sektorenübergreifend kompatible und sichere Digitallösungen, damit der Austausch von Gesundheitsinformationen zugunsten der Patienten stattfinden kann und wir die Akteure erheblich entlasten! Am besten direkt mit der Möglichkeit, dass Patienten selbst ihre Daten einsehen können – damit wären wir wieder beim Thema „Patient Empowerment durch Digitalisierung“.  

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health?

Erstens würde ich digitale Anwendungen mit Blick auf ihr grundsätzliches Potenzial für die Regelversorgung und die aktuell bestehenden Versorgungsstrukturen betrachten – dabei kommt man an einer gründlichen epidemiologischen und gesundheitsökonomischen Einordnung der Digitallösung nicht vorbei. 

Zweitens müssen die potenziellen Anwender und die Kostenträger immer im Fokus stehen. Wer an den Bedürfnissen und den realen Anreizstrukturen vorbeientwickelt, hat vielleicht eine gute Lösung, erzeugt aber keinen realen Nutzen. Wir haben bei OptiMedis einen mehrstufigen Prozess für die Bewertung von Innovationen im Rahmen eines „Digital Health Innovation Centres“ entwickelt. Hier können Health Apps, Online-Interventionen, Online-Programme und vieles mehr in der Versorgungsrealität hinsichtlich Nutzen, Akzeptanz und Machbarkeit bewertet, pilotiert und später skaliert werden. So soll besonders erfolgversprechenden Innovationen im Gesundheitswesen der Zugang in die Versorgung ermöglicht werden. Gründer und Investoren aus dem Bereich digital health development können diesbezüglich gerne auf OptiMedis zukommen.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen?

Ich empfehle hier beispielhaft Veranstaltungen, die direkt mit dem Modell der integrierten Versorgung verknüpft sind und somit den Bezug zur Versorgungsrealität mit all ihren Herausforderungen herstellen.

Regional
„Vernetzte Gesundheit“ in Lübeck: Bei der schleswig-holsteinischen Veranstaltung wird der Blick besonders auf die neusten Entwicklungen der digitaler Versorgungsstrukturen mit Fokus auf interprofessionelle Vernetzung gelegt. Das Programm für die auf den 17. und 18. März 2021 verschobene Veranstaltung wird noch bekannt gegeben – hier bekommt man bestimmt wieder einen guten Einblick in die praktische Umsetzung auf regionaler Ebene.
https://www.vernetzte-gesundheit.de/ 

National

INNOlab: Der einstige Kongress hat sich coronabedingt digitalisiert und findet erstmal ganzjährig statt. Angekündigt wird ein Mix aus virtuellen und hybriden Einzelsessions sowie Präsenzkongressen mit digitalen Modulen – man darf gespannt sein. Fokus sind Innovationen im Gesundheitswesen, die natürlich nicht immer nur digital sein müssen…

https://www.innolab.health

International
ICIC20 Virtual Conference – September 2020: Der Austausch auf globaler Ebene bei der „International Conference on Integrated Care“ ist jedes Jahr extrem spannend und es stehen immer reichlich Digitalisierungsthemen auf dem Programm – und wie ja bekannt ist, lohnt sich besonders aus Deutschland heraus der Blick über den Tellerrand. Dieses Jahr findet die ICIC zu ihrem 20-jährigen Jubiläum über den September verteilt virtuell statt.

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

OptiMedium – der umfassende Newsletter mit spannenden Entwicklungen aus dem Gesundheitswesen und Infos rund um die Arbeit von OptiMedis.

Self-Management Blog – der Blog des EU-Forschungsprojekts COMPAR-EU. Das Projekt zielt darauf ab, die effektivsten Interventionen zum Self-Management für Erwachsene in Europa zu ermitteln, zu vergleichen und zu bewerten. Dafür wird aktuell auch eine Online-Plattform entwickelt. 

M@dita-Webseite – die Infoseite zum dem innovationsfondsgeförderten Programm in Schleswig-Holstein, das eine innovative, komplexe Digitallösung für den Bereich der Schwangerenversorgung zur Verfügung stellt und diese mit wichtigen Aspekten einer gelingenden Besonderen Versorgung verknüpft: Interprofessionelles Arbeiten, Netzwerkaufbau, Patientenaktivierung etc.  www.madita.online