Kategorien
Interviews

Jura, Medizin und digitale Gesundheit mit Kristin Memm

Die digitale Medizin wird Abläufe vereinfachen, viel Handarbeit automatisieren und letztendlich dazu führen, dass sich der Arzt wieder seiner Aufgabe widmen kann – der Behandlung und Begleitung seiner Patienten.

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Ich bin Volljuristin mit einem Medizinstudium. Lange Zeit habe ich als Juristin in einer Ärztekammer gearbeitet und bin nach einem Jahr im Ausland in die Berliner Start-up-Szene eingetaucht. Als Verantwortliche für den Bereich Legal and Regulatory habe ich den Company Builder Heartbeat Labs bei der Neugründung seiner Digital Health Unternehmen beraten. Zeitgleich gründete ich meine eigene Kanzlei „Kanzlei KM“und fokussierte mich auf die Unterstützung von Ärzten, Trägern des Gesundheitswesens und Digital Health Startup Unternehmen. 

Meine Vision ist eine gute und sichere, patientenorientierte Medizin, in der die Arzt-Patienten-Beziehung und die medizinische und ethische Verantwortung des Arztes wieder eine größere Stellung einnehmen. Die digitale Medizin wird Abläufe vereinfachen, viel Handarbeit automatisieren und letztendlich dazu führen, dass sich der Arzt wieder seiner Aufgabe widmen kann – der Behandlung und Begleitung seiner Patienten. 

Meine Rolle im Bereich der digitalen Medizin ist es, den richtigen Weg für die Projekte meiner Mandanten zu finden. Es gibt großartige Ideen und sie verdienen einen sicheren Stand und die besten Voraussetzungen, um die Medizin der Zukunft zu gestalten.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Als ich begann Jura zu studieren, wußte ich sehr früh, dass ich mich auf das damals noch völlig unbekannte Fachgebiet Medizinrecht spezialisieren wollte. Also habe schon im dritten Semester zusätzlich das Studium der Medizin aufgenommen. Ich wollte die Hintergründe meines künftigen Fachgebietes verstehen, Gutachten selbst bewerten können und Ärztinnen und Ärzten nicht nur als Anwältin, sondern als Kollegin die Hand reichen. 

Heute hilft mir das medizinische Fachwissen, die Gedanken meiner Mandanten zu verstehen, sie in einen rechtlichen Rahmen einzuordnen und so umzusetzen, dass wir gemeinsam individuelle und verlässliche Lösungen für ihre Ziele finden. 

Mein Alltag ist ähnlich digital wie der eines Durchschnittsbürgers. Ich nutze digitale Apps, um mein Leben zu vereinfachen, zum Beispiel wenn ich Bahn fahre oder die öffentlichen Verkehrsmittel nutze. Die Zusammenarbeit mit Kollegen oder Mandanten über weite Entfernungen hinweg wird durch digitale Anwendungen und Onlineseminare überhaupt erst möglich.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Durch die Zusammenführung der Fortschritte in den Biowissenschaften, den Naturwissenschaften und den Informationstechnologien ist die Welt in ein Zeitalter beispielloser wissenschaftlicher und technologischer Fähigkeiten eingetreten. In der Zukunft werden digitale Innovationen die medizinische Versorgung nicht nur ergänzen und weiterentwickeln sondern in jeder Form neu gestalten – ohne die persönliche Beziehung zwischen Arzt und Patient zu ersetzen. Behandlungsunterstützende Applikationen, helfende Robotik, digitale Patientenakten und Softwarelösungen zur Behandlung über große Entfernungen hinweg gibt es bereits. Viele junge Unternehmen werden die Medizin der nächsten Generationen entscheidend verändern. 

Dabei liegt das wohl größte Potenzial in der Zusammenführung und Vernetzung von Informationen (Big Data und KI). 

Dessen Chance liegt für mich darin, allen Patienten in jeder Situation die für sie optimale Versorgung anbieten zu können – über die Grenzen einer Stadt, eines Landes, möglicherweise sogar über die Grenzen eines Kontinents hinweg. Lange Wartezeiten auf Behandlungstermine und fehlende (fach-)ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten werden überwunden, während die Vorsorge und die langfristige Begleitung von chronisch Kranken gewinnt. Zugleich bedeutet eine Digitalisierung der standardisierten Prozesse einer größere Effizienz und Sicherheit in den tagtäglichen Abläufen, was dem Arzt wiederum Zeit gibt, die er für seine Patienten braucht. Denn trotz aller Technologien wird der Arzt immer die letztendliche medizinische und ethische Entscheidungsinstanz sein.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Das größte Marktpotenzial der digitalen Gesundheit liegt kurzfristig in den Digitalen Gesundheitsanwendungen. Vor allem die Telemedizin hat mit einer zunehmenden Verbreitung von Videosprechstunden, der standesrechtlichen Akzeptanz und abrechnungstechnischen Umsetzung ein gut einschätzbares und stabiles Potenzial. Langfristig werden solche Anwendungen, die letztendlich nur die bestehenden Behandlungsmethoden eins zu eins digital umsetzen, die Gesundheit wohl digitalisieren aber nicht neu erfinden. Eine Neuordnung der medizinischen Wissenschaft wird durch die Zusammenführung von Gesundheitsdaten und Erschließung neuer Behandlungsmethoden geschehen. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Zunächst sollte allen Gründern das Ziel und der Sinn, der „Purpose“, ihrer eigenen Vision bewusst sein. Die gesetzlichen Weichen werden im Gesundheitsbereich ständig neu gestellt. Abrechnungsgrundlagen, Arzneimittelbestimmungen, Zulassungsvoraussetzungen und grenzüberschreitende Regelungen ändern sich ständig. Denkt allein an Brexit und all die Anbieter von Fernbehandlungen, die ihre Ärzte in Großbritannien beschäftigt hatten. Die rechtlichen Gegebenheiten ändern sich viel öfter als wir es glauben. Daher ist es wichtig, dass sich ein Unternehmen nicht allein darauf gründet, dass sich hier im Moment ein maximales Marktpotenzial abbildet. Häufig haben sich die Bedingungen grundlegend geändert bis das Unternehmen überhaupt am Markt etabliert ist. Wenn Ihr aber eine Vision habt und wisst, was Ihr mit dieser Vision erreichen wollt, dann lässt sich eine gute Idee immer wieder anpassen – auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen neu gesetzt werden. Substanz ist wichtig.

Investoren rate ich zu berücksichtigen, ob ein Unternehmen wert auf die Einhaltung der rechtlichen Standards legt. Auch wenn wir alle oft „hart am Wind segeln“, ist von Anfang an hohe Qualität in der fachlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Umsetzung der Gründerideen entscheidend für eine gute Marktakzeptanz. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Das hängt entscheidend davon ab, in welchem Bereich der Digitalen Medizin Ihr euch bewegt. Als Anregungen für Euch: eHealth Europe, Big-Data.AI Summit, eHealthCON

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Deutsches Ärzteblatt, Deutsche Apothekerzeitung, LinkedIN (Digital Health, Digital Healthcare Entrepreneurship, eHealth Initiative, Handelsblatt Inside Digital Health, Health 2.0, Healthcare Executives Network, Innovations In Health)

Kategorien
Interviews

Sei das Aspirin für den Markt – nicht das Vitamin |
Timo Krasko im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Als Geschäftsführer und einer der Mitgründer des im Jahr 2014 gegründeten digitalen Stellenmarkts und medizinischen Karriereportals www.praktischArzt.de bearbeite ich nun seit über 6 Jahren den Markt und stehe mit unzähligen Entscheidern – hauptsächlich bei deutschen Kliniken – im ständigen Austausch. praktischArzt ist als spezialisiertes Portal mit jedoch monatlich über 1 Million Besuchern eine erste Anlaufstelle für Mediziner, die auf der Stellensuche sind, sich über ihre Karriere informieren wollen oder einfach an der Medizin und dem Klinikalltag interessiert sind. Gleichzeitig unterstützen wir über 1.500 Arbeitgeber beim Ärzte Recruiting und teilen Markttrends und betreiben aktives Employer Branding – alles rein digital.

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Durch diese ebengenannte Expertise digitalisieren wir in unserem Fall das Recruiting und Employer Branding, indem wir einerseits durch die immense digitale Reichweite gegenüber konservative Kanälen wie Print-Stellenanzeigen eine kostengünstige und effiziente Alternative sind und auf der anderen Seite auch die klassische Online-Stellenanzeige auf einem Generalisten auf ein neues Level gehoben haben. Durch das digitale Zusammenspiel aus Stellenanzeige, der automatisierten Streuung auf relevante Partnerkanäle und vor allem auch die Integration in den inhaltlichen Kontext über das Karriere- und Infoportal wurde ein ganz neuer Mehrwert für das Recruiting im medizinischen Umfeld geschaffen. Das Recruiting wurde bei uns vollkommen digitalisiert, an Recruitingtrends angepasst und kosteneffizient gestaltet.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Unabhängig zum Recruiting kann Digitalisierung Prozess-Transparenz bringen und damit auch Kosten- und Aufwandseinsparungen mit sich bringen. Oftmals wird die Wertschöpfung vieler Mitarbeiter*innen stark eingeschränkt durch langwierige Prozesse oder fehlende Transparenz.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Neben dem Thema der Telemedizin, welche – sofern richtig umgesetzt! – nicht nur die sich verstärkenden Notstände des Ärztemangels in ländlichen Gebieten reduzieren und eine flächendeckende Gesundheitsversorgung steigern kann, sehe ich ein großes Potenzial in der möglichen Erleichterung von Expertisen-Austauschen durch digitale Wissen- und Informationsplattformen mit Prozessen zur Zusammenarbeit verschiedener Experten-Gruppen und Anbindung von anderen Akteuren.  

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Sei das Aspirin für den Markt – nicht das Vitamin. Ein Nice-to-have Produkt, das durch Digitalisierung zwar Vorteile bringt, aber keinen Schmerz bekämpft, wird sicherlich Abnehmer und Nutzen finden, jedoch dem Markt langfristig nichts bringen. An erster Stelle sollte daher hinterfragt werden, ob man mit dem neuen Produkt oder Service einen de facto vorhandenen „Schmerz“ eliminieren kann. Genau diese Produkte und Services, haben eben nicht nur eine Daseins-Berechtigung, sondern werden sich zwangsläufig etablieren, werden wachsen und weitere Ausbaupotenziale ermöglichen.

Sei das Aspirin für den Markt – nicht das Vitamin.

Timo Kaske

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

In der Messe- und Kongresslandschaft bewege ich mich leider hauptsächlich auf spezifischen Recruiting-Messen oder Arzt-Kongressen.