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Leistungsstarke klinische Tools | AMBOSS im Interview

AMBOSS ist eine unabhängige, für den digitalen Raum konzipierte Wissensplattform – schnell, verlässlich, tagesaktuell, hochvernetzt das ganze medizinische Spektrum abbildend, fast den ganzen Lebenszyklus der Medizinerinnen und Mediziner integrierend und dabei dynamisch auf individuelle Bedürfnisse eingehend.

Was macht Euer Unternehmen ganz konkret und wie beschreibt Ihr Eure Rolle im Bereich digitaler Medizin?

AMBOSS vereint Lernsoftware und Nachschlagewerk zu einer adaptiven Plattform für Medizinerinnen und Mediziner – vom ersten Tag an der Uni bis über die Facharztprüfung hinaus. AMBOSS liefert aktuelles Wissen in Sekundenschnelle und trägt so seit 2012 zu einer
effizienten, evidenzbasierten Gesundheitsversorgung bei. Rund um den Globus verlassen sich heute mehr als eine Million Medizinerinnen und Mediziner in Beruf, Studium und Lehre auf AMBOSS. Das internationale Team ist mittlerweile auf über 400 Mitarbeitende aus Medizin, Naturwissenschaften und Software-Entwicklung mit Büros in Köln, Berlin und New York angewachsen.

Aus unser Sicht ist die Vermittlung und Anwendung medizinischen Wissens ein elementarer Baustein einer adäquaten Gesundheitsversorgung. Unser Ziel ist es, die Barrieren zwischen
wissenschaftlicher Etablierung auf der einen und tatsächlicher, klinischer Anwendung auf der anderen Seite so weit es geht aus dem Weg zu räumen.

Was ist euer Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digitalstatt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

AMBOSS ist eine unabhängige, für den digitalen Raum konzipierte Wissensplattform – schnell, verlässlich, tagesaktuell, hochvernetzt das ganze medizinische Spektrum abbildend, fast den ganzen Lebenszyklus der Medizinerinnen und Mediziner integrierend und dabei dynamisch auf individuelle Bedürfnisse eingehend. Vieles davon gibt es in dieser Form nirgends sonst. Die deutsche Variante ist ohnehin einmalig. Was uns aber in Zukunft von anderen unterscheiden wird, ist zum größten Teil unser herausragendes Team, das sehr viele extrem talentierte, neugierige und passionierte
Persönlichkeiten aus Medizin, Entwicklung und anderen Spezialgebieten unter einem Dach interdisziplinär vereint.

Wo seht ihr als Unternehmen die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso?

Medizinstudierende werden heute immer noch so unterrichtet wie vor hundert Jahren. Während der Vorlesungen werden die Studierenden mit Fakten gefüttert, die sie sich merken müssen und wovon die Hälfte zum Zeitpunkt ihres Abschlusses schon wieder veraltet sein wird. Diese Studierenden werden zu Ärzten und Ärztinnen, die dann über eine Fülle von Informationen verfügen müssen, aber keine effiziente Möglichkeit haben, darauf zuzugreifen. Die schiere Fülle
und Vielfalt der Quellen macht es fast unmöglich, schnell zuverlässige, aktuelle medizinische Informationen zu finden. Was macht man als Allgemeinmediziner auf dem Land, wenn man Schwierigkeiten mit der Diagnose eines Patienten hat? In einem Buch nachschlagen? Vielleicht. Aber dieses wird höchstwahrscheinlich nicht die neuesten Leitlinienempfehlungen bereithalten, da medizinische Bücher in manchen Bereichen am Tag der Veröffentlichung bereits nicht mehr
aktuell sind. Das Fazit ist, dass medizinisches Wissen somit nicht immer Eingang in die klinische Praxis findet.

Wir müssen uns mehr auf medizinische Grundprinzipien, Datenkompetenz und die Interaktion zwischen Arzt und Patient konzentrieren.

Dr. Sievert Weiss

Gleichzeitig gibt es viele neue Technologien, die Informationen leichter verfügbar machen. Obwohl diese Technologien auch dazu führen, dass mehr Inhalte generiert werden (insbesondere in der medizinischen Welt), können sie Ärztinnen und Ärzten auch bei der
Bewältigung der Informationsflut helfen. In den nächsten Jahren müssen wir uns Fragen stellen wie: Was sollten die medizinischen
Fakultäten tatsächlich unterrichten und wie? Ich denke, wir müssen uns mehr auf medizinische Grundprinzipien, Datenkompetenz und die Interaktion zwischen Arzt und Patient konzentrieren.
Wir werden sehen, wie sich immer mehr theoretisches Wissen in den digitalen Raum verlagert und dort zugänglicher wird. Ich kann mir beispielsweise auch sehr gut vorstellen, dass Kooperationen zwischen digitalen Universitäten und Partnerkrankenhäusern irgendwann die
Norm sein könnten – insbesondere an Orten, wo Kapazitäten rar sind.

Aber das digitale Medium ist eben auch nur das: ein Medium; und wir sollten sicherstellen, dass es von menschlichen Akteuren gesteuert wird und diese nicht ersetzt. Nehmen wir zum Beispiel ein klinisches Entscheidungshilfesystem: So automatisiert und intelligent es auch sein mag, wird es niemals in der Lage sein, ärztliches Personal zu ersetzen. Es wird jemand gebraucht, der Patienten ganzheitlich sieht, der mit den Patienten und ihren Angehörigen spricht, jemanden,
der den “machine bias” korrigiert und die Entscheidungen tatsächlich zusammen mit den Patienten trifft und umsetzt. Die Entscheidungsunterstützung ist jedoch ein hervorragendes
Instrument zur Navigation in der zunehmenden Menge an Daten und Informationen, die Angehörigen der Gesundheitsberufe zur Verfügung stehen. Anstatt Maschinen inhärent im Konflikt mit diesem menschlichen Element anzusehen, sollten wir uns darauf konzentrieren, wie Maschinen unsere Fähigkeiten erweitern können.

Welche Erwartungen habt ihr an die Deutschen Regulationsbehörden und die Politik?

Wir sind glücklicherweise nicht besonders von Regulierung betroffen. Aber wenn wir an gesamtgesellschaftliche, von der Politik beeinflussbare Entwicklungen denken, gibt es aus
unserer Sicht ein paar wichtige Themen: In Anbetracht des exponentiellen Wissenszuwachses in der Medizin und den immer potenteren digitalen Möglichkeiten muss ein Umdenken stattfinden – sowohl in der medizinischen Ausbildung als auch in der Berufsausübung. Die Erwartung des “Halbgottes in Weiß”, der alles
kann und alles weiß, sollte vielleicht abgelöst werden von einem “partnerschaftlichen Gesundheitsmanager auf Augenhöhe”, der Zeit für den Menschen mitbringt, aber auch offen mit
eigenen Limitationen umgehen kann.

Ein weiteres systemisches Hindernis ist die Art und Weise, wie Anreize für Gesundheitsdienstleister gesetzt werden. Natürlich möchten alle effizient sein und ihre Ressourcen mit Bedacht einsetzen. Anreize sollten jedoch immer auf der Grundlage der
Patientenergebnisse bestimmt werden. Wenn beispielsweise Chirurginnen und Chirurgen wissen, dass sie für die Rentabilität ihrer Abteilung verantwortlich sind und dass es finanziell
lohnender ist, Operationen durchzuführen, beeinflusst dies die Art und Weise, wie sie die Behandlungsoptionen abwägen. Patienten profitieren nicht unbedingt von dieser Anreizstruktur.

Eine erhebliche Rolle spielt auch die Aufwertung der Gesundheitsberufe. In Zeiten von COVID-19 haben wir erfahren, wie knapp wir an manchen Stellen besetzt gewesen wären, denn das
jahrelange “ökonomisieren” des Gesundheitsbereiches wurde und wird auf den Rücken der Patienten und Gesundheitsberufe ausgetragen. Der Gap zwischen gesellschaftlicher Bedeutung und gesellschaftlicher sowie auch finanzieller Anerkennung geht immer weiter auseinander und verfügbares Personal wird knapper. Die Resultate der Medizin, ähnlich wie die der Bildung, profitieren aber gerade von einem relativ hohen Personaleinsatz. Es handelt sich nicht um ein klassisch “produzierendes Gewerbe”, an das industrietypische Performancestandards geknüpft werden könnten.

Die Politik hat zudem natürlich Einfluss auf die Datenschutzbestimmungen, die in hohem Maße bestimmen, wie Patientendaten erhoben und auch weiter verwendet werden können. Die elektronische Patientenakte soll ja zumindest kommen. Es wird spannend sein, in welchem Format und mit welchen Daten das passiert.

In Dänemark beispielsweise wurde bereits 1977 ein nationales Patientenregister eingerichtet, das Daten zu Krankenhausbesuchen und Diagnosen sammelt und eine Plattform bietet, über
die Patienten und verschiedene Gesundheitsdienstleister auf diese Informationen zugreifen können. Dieses Register ermöglicht umfangreiche Analysen von Gesundheitsdaten und Meta-
Beobachtungen, die dann der gesamten Gesellschaft wieder zugute kommen können. Es wäre sehr vorteilhaft, wenn andere Länder diesem Beispiel folgen würden.

Was ist derzeit der limitierende Faktor für euer Wachstum?

Wir wachsen sehr schnell in vielen Bereichen und es tun sich immer mehr vielversprechende, neue Möglichkeiten auf. Limitierend ist dabei wahrscheinlich am ehesten die Anstellung erfahrener Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. AMBOSS expandiert seit geraumer Zeit und sucht an einigen wichtigen Stellen erfahrene, aufgeschlossene und motivierte Mitarbeitende. Da wir recht hohe Ansprüche haben, ist es nicht so leicht, in diesen ohnehin meist stark umkämpften Bereichen die richtigen für uns zu finden. Es darf sich aber gerne jeder melden, der sich angesprochen fühlt und unsere Vision teilt: https://www.amboss.com/us/jobs

Wo seht ihr euer Unternehmen konkret in 20 Jahren?

Wir werden alles daran setzen, dass wir in 20 Jahren einem Großteil der medizinischen Weltbevölkerung – wo auch immer sie im Einzelnen sein mag – schnell, verlässlich und verständlich Antworten auf ihre medizinischen Fragen geben können. Es gibt keinen Grund, warum Klinikerinnen und Klinikern Zugang zu diesen Antworten und diesem Wissen verwehrt bleiben sollte – es ist wie eine Art Grundrecht, nicht zuletzt auch zugunsten der Patienten. Das schließt ganz bewusst auch Low- und Middle-Income-Countries ein, bei denen wir auch heute schon auf hohe Resonanz stoßen und für die wir alternative Zugangsmodelle entwickeln.

Beispielsweise stellen wir syrischen Medizinstudierenden AMBOSS kostenfrei zur Verfügung der statten humanitäre Hilfsorganisationen mit AMBOSS aus. Die Vision vom ubiquitären Zugang zu unseren Informationen und dem Nutzen daraus ist, was uns antreibt und immer antreiben wird.

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Sievert Weiss
im Interview

Wer sind Sie und wie beschreiben Sie Ihren Drive im Bereich digitaler Medizin, Ihre Rolle?

Meine Name ist Sievert, ich bin einer der Gründer von AMBOSS und von Haus aus Arzt. Als wir uns 2010 auf das medizinische Staatsexamen vorbereiteten, waren wir von den angebotenen Lernhilfen enttäuscht. Das war der Auslöser, AMBOSS zu gründen. Da wir in dem Bereich innerhalb kürzester Zeit sehr erfolgreich geworden sind und inzwischen nahezu alle Medizinstudierenden AMBOSS zur Examensvorbereitung nutzen, haben wir außerdem wertvolles Wissen für die Assistenzarztzeit mit aufgenommen. Heute nutzt z.B. auch jeder zweite Weiterbildungsassistent regelmäßig AMBOSS und fällt klinische Entscheidungen basierend auf unseren Informationen. Momentan liegt der Fokus auf dem Ausbau der Plattform für Fachärzte. 

Eine unsere Hauptmotivationen zum Ausbau von AMBOSS ist das exponentielle Wachstum  medizinischen Wissens. Für medizinisches Fachpersonal ist es zunehmend schwieriger, diese Informationsflut im klinischen Alltag zu verarbeiten und dann auch noch richtig anzuwenden. Viele der bisherigen Medien konnten diesem Anspruch nicht gerecht werden.  

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Ihrem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Unser Team ist sehr motiviert, talentiert und hat sich vollkommen der AMBOSS-Vision verschrieben – das ist vielleicht nicht ganz einzigartig, aber scheint mir schon sehr viel von AMBOSS’ Stärke auszumachen.
Auch wenn wir den persönlichen Kontakt sehr schätzen, findet bei AMBOSS natürlich sehr viel digital statt. Die ganze Infrastruktur sitzt in der Cloud, das Team ist auf der ganzen Welt verteilt und unser Produkt ist ja auch komplett digital. Ich schätze, dass sowas vor 10–20 Jahren in der Form – wenn überhaupt – nur mit sehr viel mehr Aufwand möglich gewesen wäre. Das sind schon faszinierende Möglichkeiten heutzutage.

Wo sehen Sie die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Die Digitalisierung bietet uns enorme Chancen. Eines der größten Potenziale besteht darin, dem Gesundheitspersonal wieder die Möglichkeit zu geben, das zu tun, wozu sie ausgebildet worden sind: Sich darauf zu konzentrieren, evidenzbasierte Medizin ergebnisorientiert und vor allem auch menschlich den Patienten anzubieten, anstatt ihre Zeit mit ineffizienten Prozessen und Verwaltungsaufgaben zu verschwenden.

Als ich noch als Arzt arbeitete, musste ich bei vielen Patienten häufig aufs Neue herausfinden, unter welchen Erkrankungen sie leiden, welche Medikamente sie einnehmen und welche Eingriffe bereits durchgeführt worden waren. Jedes Mal mussten der Hausarzt oder die zuletzt behandelnden Krankenhäuser aufgespürt und angerufen werden, um mit der Zustimmung des Patienten die zur Behandlung nötigen Informationen zugefaxt zu bekommen. Und das ist nur einer der vielen Verwaltungsaufwände, die in Summe bis zu einem Drittel der ärztlichen Arbeitszeit verbrauchen. Gleichzeitig werden den Patienten immer mehr Dienstleistungen angeboten, sodass das Missverhältnis wächst zwischen dem, was von Ärzten erwartet wird, und dem, was sie tun müssen, um die Erwartungen zu erfüllen.

Wo konkret sehen Sie das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Prinzipiell würde ich sagen, dass ein großes Marktpotenzial dort liegt, wo komplett neue oder substanziell bessere Produkte oder Services geschaffen werden können, die eine deutlich bessere Erfahrung in einem für die Nutzenden relevanten Bereich bedeuten. Ich denke es lohnt sich, sich mehr auf so einen “bottom-up”-Ansatz zu konzentrieren (vielleicht auch anfänglich eher in Nischenmärkten), als bekannte, große Märkte “top-down” erobern zu wollen.

Was ist Ihr konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Traut euch! Ich denke, wir brauchen viel mehr mutige Gründer mit Fachwissen in den Gebieten Medizin, Medizintechnik, Biologie, Biochemie, Biotech usw. Digital Health ist ein riesiger Bereich mit wahnsinnig viel unerschlossenem Potenzial – das bedarf vieler neuer und kluger Köpfe, die dieses Feld wachen Auges zu navigieren wissen.

Insgesamt ist der Bereich Digital Health ja sehr fragmentiert und reguliert sowie mit Befindlichkeiten und ernstzunehmenden Bedenken und sehr viel Spezialwissen versehen. Das sind gute Voraussetzungen, um etwas Neues und Besseres zu schaffen. Wenn man dann ein gewisses Durchhaltevermögen und eine daran angepasste Erwartungshaltung mitbringt und sich zunächst auf einen Teilbereich fokussiert, hat man aus meiner Sicht gute Chancen, seine Nische zu finden und erfolgreich zu sein. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würden Sie also dringend empfehlen? 

Um ehrlich zu sein, kann ich hier leider keine guten Ratschläge beisteuern, da wir kaum an solchen und anderen Events teilnehmen. Vielleicht sollten wir das vermehrt tun, aber wir sind sehr “heads down” auf unser Produkt und unsere Zielgruppe fokussiert und verbringen wenig Zeit mit anderen Themen.

Ich glaube, Fokus hilft. Man muss ohnehin schon aufpassen, diesen nicht zu verlieren. Durch zu viel Fremdeinfluss und andere Meinungen wird man ggf. noch mehr irritiert. Wenn man 1–2 Mentoren hat, die schon einmal ein Unternehmen aufgebaut haben, ist das sehr hilfreich. Dann gibt es sicherlich ein paar speziellere Themen im Bereich Digital Health, bei denen man sich beraten lassen muss. Ansonsten würde ich lieber das Produkt sprechen lassen.

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

Prinzipiell finde ich es interessant, von anderen Gründern/Innovatoren und Investoren zu hören. Deswegen höre ich persönlich gerne Podcasts von: