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Interviews

Tobias Zobel
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Leidenschaftlicher Enabler von Digital Health Ideen  – die Digitalisierung beeinflusst inzwischen unsere tägliche Routine in fast allen Lebenslagen – angefangen von der Art, sich über politische und wirtschaftliche Geschehnisse auf der ganzen Welt zu informieren, das eigene Heim in ein sogenanntes Smart Home zu verwandeln, das uns je nach unseren Vorlieben die Beleuchtung, den Kaffee oder die Filmauswahl im heimischen Kino präsentiert, bis hin zum Zahlungs- und Straßenverkehr der zunehmend kontaktlos und automatisiert stattfindet. All diese technischen Raffinessen bieten uns einerseits einen enormen Komfort, bergen andererseits aber auch Risiken, die weitreichende Folgen mit sich ziehen können. Im internationalen Vergleich ist Deutschland im Bereich der Digitalisierung schon seit Jahren leider nur noch im hinteren Mittelfeld, was unter anderem auf strenge gesetzliche Anforderungen und eine konservative Haltung der Bevölkerung bezüglich ihrer Privatsphäre (Stichwort Datenschutz) zurückzuführen sind. Trotzdem sind wir weiterhin das Land, das sich mit fundierter Expertise jeder technologischen Herausforderung stellt.  

Der Transfer der bereits etablierten digitalen Möglichkeiten, mit all ihren IoT-, AI- oder sonstigen smarten Grundlagen wie auch den zu beachtenden Risiken und Anforderungen, in neue Anwendungen für das Gesundheitssystem ist unabdingbar. Mit diesem Thema beschäftige ich mich seit Jahren besonders im Rahmen unseres geschaffenen Verbundes, der Digital Health Innovation Plattform – kurz d.hip.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Wir haben in der Vergangenheit viele verschiedene Ansätze gesehen, die das Leben von Ärzten, Patienten, Krankenversicherungen oder den verantwortlichen IT Spezialisten erleichtern sollen. Wenige davon stellen sich allerdings der Herausforderung, eine ganzheitliche Plattform aufzubauen, die wirklich alle beteiligten Parteien mit ihren jeweiligen Interessen und Anforderungen berücksichtigt. Ein besonderer Fokus unserer d.hip Platform widmet sich klinischen Vorhersagemodellen für Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge, die sich aus strukturierten Analysen und Interpretationen von diversen Datenarten ergeben. Zu diesen Daten gehören unter anderem medizinische Bilder, Geninformationen, Laborauswertungen, Daten aus Apps oder Wearables und viele weitere. Durch die aus diesen Daten individuelle Beurteilung der Situation eines Patienten im direkten Vergleich mit vorhandenen, relevanten und dokumentierten Daten werden klinische Aussagen wesentlich präziser und personalisierter.

Diese plattformbasierte Anwendung ist unser sogenannter Digitaler Gesundheitszwilling – oder der Digital Health Twin. Das digitale Ebenbild eines individuellen Patienten, das sich mit jeder neuen Untersuchung selbst aktualisiert und sich sowohl mit relevanten klinischen Daten als auch mit dem eigenen, jüngeren Ich vergleicht. Deshalb beginnt unsere Dokumentation der individuellen Patientenreise nicht erst als „kranker“ Patient, sondern bereits im Rahmen von diversen Screening- und Vorsorgeterminen, die die Erfassung eines gesunden bzw. symptomfreien, digitalen Ich ermöglichen.

Die Umsetzung dieses Projektes erfordert neben einer engen Zusammenarbeit zwischen Klinikern, IT Spezialisten und Produktenwicklern auch eine intensive Abstimmung mit Datenschutzbeauftragten und Ethikkommissionen. Der verantwortungsbewusste Umgang mit klinischen Daten steht an oberster Stelle.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso?

Das größte Potential allgemein in der Digitalisierung der Gesundheit und speziell in der Entwicklung des Digital Health Twins ist es, pathologische Entwicklungen früher zu erkennen und ihnen entsprechend entgegenzuwirken, bevor sie sich manifestieren und eine Therapie weniger erfolgsversprechend aber dennoch kostenintensiver wird. Multimodale Datenarten werden nicht nur strukturierter zur Verfügung stehen, sondern auch über sektorale Grenzen hinweg interpretiert und in patientenindividuelle Modelle einbezogen. Damit passen sich auch therapeutische Strategien an die personalisierte Versorgung an. Viele Erkenntnisse werden sich allerdings erst zeigen, wenn unterschiedliche Einflussfaktoren auf Krankheitsverläufe erfasst und deren Auswirkungen auf klinisch messbare Daten miteinander in Abhängigkeit gebracht werden können. Dazu bedarf es qualitativ hochwertig aufbereiteter Daten einerseits und starker Machine Learning Algorithmen andererseits. Strukturen wie sie in unserem d.hip vorhanden sind!

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

 Das größte Marktpotenzial knüpft direkt an die Antwort aus der vorhergehenden Frage an. Mit der frühzeitigen Erkennung von pathologischen Entwicklungen, teilweise bevor der Patient merkbare Symptome aufweist, und der damit ermöglichten, frühzeitigen Entgegenwirkung (Prävention und Therapie) bietet die Digitalisierung der Gesundheit ein enormes Einsparungspotential im Gesundheitssystem und somit gleichzeitig wirtschaftlich höchst interessante Möglichkeiten für junge und agile Unternehmen, die mit disruptiven Ansätzen unsere teilweise festgefahrenen Prozesse durchbrechen können. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health?

Eine Idee im Bereich Digital Health kommt oftmals aus einem stark technisch geprägten Team. Ich kann euch nur raten, Kliniker so früh wie möglich in den Produktentwicklungsprozess mit einzubinden bzw. mindestens regelmäßige Feedbackrunden mit Klinikern zu durchlaufen. Sowohl für Produktdesign als auch als spätere Referenz ein absolutes Muss. Und solltet ihr keinen Kliniker kennen, geht auf Leute zu, die wiederum Kliniker kennen. Kurz gesagt, redet auf jeden Fall mit mir.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen?

MedTech Summit & MedTech Live – Nürnberg

BMT – Leipzig

Future Hospital – Hamburg