Ludwig Klitzsch
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Ich bin ein Spieler aus der sogenannten analogen Welt. Teil unserer Klinikgruppe ist die erste Psychosomatik Bayerns und das größte psychotherapeutische Ausbildungsinstitut in Deutschland. Wir waren Pioniere, als diese Themen aufkamen und haben weiterhin einen gestaltenden Anspruch im Gesundheitswesen. Als Familienunternehmer denke ich dabei immer an den Erhalt des Unternehmens für die nächste Generation. Gerade im Bereich der psychischen Gesundheit heißt das aktuell, sich radikal der Digitalisierung der Medizin zuzuwenden.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt findet in Deinem Alltag schon alles digital statt? Wo schafft die Digitalisierung damit einen Mehrwert?

Seit Corona trifft man mich persönlich eigentlich fast nur noch per Videocall. Bin ich damit digital genug.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Das größte Potential liegt in dieser ersten Phase der Digitalisierung darin, die Leistungserbringer effektiver zu machen. Viele reden jetzt schon davon Ärzte und Therapeuten zu ersetzen. Das halte ich für verfrüht, weil Patienten das in der Breite nicht wollen. Wichtig ist auch, dass in unserem System immer nur das funktioniert, was auch vergütet wird. Das wird zu häufig vergessen. Jetzt ist endlich die Stunde der „simplen“ Videosprechstunde in der ambulanten Medizin gekommen und die „App auf Rezept“ bietet uns eine Riesenchance weltweit ein digitaler Vorreiter zu werden. Ich kenne keine Gesundheitssystem einer Industrienation, in der so ein einfacher und klarer Weg zur garantierten Vergütung von Digitalen Anwendungen für knapp über 70 Mio. Versicherte durch ein solventes Versicherungssystem besteht. Das ist eine Sensation, wenn man genauer darüber nachdenkt. Und das Schöne ist, dass es als wettbewerbsorientiertes System angelegt ist ohne Staatsdirigismus, wie z.B. in Großbritannien. Mit der elektronischen Patientenakte wird aktuell auch endlich die „digitale Unterlage“ geschaffen, um die Digitalen Anwendungen mit dem bestehenden System zu verzahnen.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

In Deutschland können wir über digitale Wege die Bevölkerung auf dem Land besser erreichen. Wenn das gelingt, tut sich ein Riesenmarkt auf. Beispielsweise sind heute 80% der psychischen Erkrankungen in Deutschland unbehandelt. Das liegt zu einem Gutteil an der fehlenden Behandlungsmöglichkeit. Wenn wir in die nächsten Phasen der Digitalisierung eintreten, werden möglicherweise auch Systeme, die Therapeuten und Ärzte ersetzen, eine größere Rolle spielen. Auf jeden Fall erleben wir gerade einen gewaltigen Umbruch im Markt für Praxis- und Klinikinformationssysteme. Endlich muss man sagen. Zwei wesentliche KIS-Anbieter haben gerade den Besitzer gewechselt. Das hat seinen Grund in der notwendigen Umstellung auf SaaS-Strukturen und den damit verbundenen hohen Investitionsaufwand. Die anstehende Erneuerung der KIS-Systeme ist ein sehr wichtiger Baustein für die Digitalisierung unserer Krankenhäuser und bietet neben der jetzt endlich kommenden elektronischen Patientenakte großes Potential für die Programmierer ergänzender Anwendungen für die Optimierung der Behandlung. .

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Die Atmosphäre im Markt ist wie zu dotcom-Zeiten. Toll für Gründer und riskant für Investoren. Investoren sollten sich immer die Frage stellen, ob die etablierten Player nicht irgendwann selber den Programmieraufwand selber betreiben, der viele Geschäftsmodelle von heutigen Start-ups ausmacht.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

eHealth-Day Hamburg
Forum Digitale Gesundheit
FutureHealth Basel
DMEA

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

www.e-health-com.eu
www.coliquio-insights.de
https://hih-2025.de/