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Priv.-Doz. Dr. Karl Braun
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Mein Name ist Karl Braun und ich arbeite als Unfallchirurg an der Charité in Berlin. Mein Ansporn ist es zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen, die bestmögliche Patientenversorgung rund um die Uhr für unsere meist unfreiwillig zu Schaden gekommenen Patienten zu gewährleisten und zu verbessern. Hierfür spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Sie hilft und augmentiert bei knapper werdenden Ressourcen u.a. die komplexe OP-Planung, assistiert bei der Verletzungsanalyse und kann durch die Verarbeitung großer Datensätze zur Entwicklung neuer Behandlungsalgorithmen entscheidend die Medizin von heute verbessern.

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal?

Mein USP ist zum Glück kein Alleinstellungsmerkmal, denn gute Medizin funktioniert nur Fächer- und Berufsgruppen übergreifend – also gemeinsam. Um das „wir“ jedoch einfacher und effizienter zu steuern, nutzen wir an der Charité u.a. die digitale Patientenakte über Checkpad (IPad basiert). Pflege und Ärzte können so digital kommunizieren, Anordnungen einsehen, Laborwerte graphisch darstellen, etc.. Dadurch erreichen wir eine deutliche Reduktion in der Dokumentation und erhöhen gleichzeitig die Behandlungsqualität.

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso?

Aus meiner Sicht liegt das größte Potential in der Augmentation des Arztes bzw. der Pflege. Künstliche Intelligenz, die besondere Situationen parallel zum Arzt analysiert und ihn auf möglich Abweichungen hinweist, wie z.B. in Analysetools in der Radiologie, werden die Patientensicherheit deutlich verbessern. Gleiches gilt auch im Stationsalltag, wenn die angeordneten Medikamente umgehend auf unerwünschte Interaktionen geprüft werden. Eine weitere große Chance der digitalen Medizin ist die Wissensvermittlung. Internationale Standards zur Behandlung können so rasch in die Fläche getragen werden – oder auch einfach nur zwei Stockwerke höher in die andere Fachabteilung.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Es fällt mir schwer, das eine große Marktpotential zu nennen. Der Gesundheitssektor wird, kann und muss in vielen Bereichen digitaler werden. Im Endeffekt brauchen wir aber zunächst eine digitale Patientenstammakte, auf deren Basis dann eine Vielzahl verschiedener Anwendungen genutzt werden kann. Das Wirrwarr der aktuell verfügbaren Insellösungen einzelner Kliniken und Praxen, stellt alle Anwender vor ein Schnittstellenproblem. Insgesamt sehe ich jedoch im Hintergrund mitanalysierende Algorithmen in der Patientenbehandlung als klare Zukunftsverbesserung. Weiterhin werden Programme, die die verschiedenen Beteiligten an einer Behandlung schnell und effizient vernetzen, elementar. Die Medizin wird zunehmend spezialisierter, daher muss sich dies auch im Miteinander zeigen.

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health?

Den Fokus auf die Verbesserung der Patientensicherheit und die Behandlungsqualität legen und dabei das medizinische Personal unterstützen – nicht ersetzen. Neue Ideen zusammen mit den Universitätskliniken umsetzen und diese von Anfang an mit Studien begleiten, denn auch in der digitalen Medizin wird gegen den Goldstandard verglichen. Nur wer hier gründlich arbeitet und klar nachweist, was der wirkliche Vorteil für den Patienten ist, wird am Ende profitieren.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen?

Es gibt eine Vielzahl an Events, die bereits jetzt der hohen Spezialisierung der einzelnen Fachdisziplinen Rechnung trägt. Einen sehr guten Überblick über aktuell Entwicklungen bietet der MUST Summit in München. Hier kommen Entwickler, Kliniker und Investoren zusammen und diskutieren neue Ideen oder Projekte, die bereits umgesetzt werden. Weiterhin stellt die Reihe Zukunftsmedizin live eine sehr gute Plattform zum Austausch und Diskurs dar. International ist der Digital Medicine Congress ebenfalls einen Besuch wert.