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Sonja Schmalen
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Ich bin Sonja Schmalen und habe als Ergotherapeutin viele analoge Prozesse in der stationären und ambulanten Versorgung kennengelernt, die stark ausbaufähig sind. Die Digitalisierung findet nur langsam Einzug in die bestehenden Alltagsprozesse. Patient*innen und ich haben Zeit bei Behandlung verloren, weil ich ihnen Fragen stellen musste, die sie teilweise schon mehrfach den Kolleg*innen beantwortet hatten – einfach, weil ich nur eine flüchtige oder gar keine Übergabe von Kolleg*innen vorliegen hatte. Das konnte beispielsweise passieren, wenn ich Hausbesuche gemacht habe und mobil keinen Zugriff auf die Dokumentationen hatte. Hieraus ist mein persönlicher Drive entstanden, das Gesundheitswesen mit digitalen Möglichkeiten zu gestalten. Die Corona-Pandemie hat uns nochmal mehr gezeigt, dass es in Deutschland ein gutes Gesundheitssystem gibt, auf das wir stolz sein können – aber noch Luft nach oben ist. 

Nach meinem MBA Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitswirtschaft, habe ich nun bei der Dr. Becker eHealth die Möglichkeit die Plattform für Gruppenpsychotherapie „gruppenplatz.de“ und der Reha-Nachsorge-Plattform „psyrena.de“ zu gestalten und den Zugang zu psychotherapeutischen Interventionen für Suchende niedrigschwellig zu ermöglichen.   

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal? Was exakt macht Euer Venture? Wo schafft Ihr einen Mehrwert?

Bei gruppenplatz.de und psyrena.de geht es um die Vermittlung und Organisation von ambulanten Gruppen.Jeder weiß, dass die Organisation einer Gruppe aufwendiger ist als ein Treffen zu zweit. So geht es auch den Psychotherapeut*innen, die im ambulanten Sektor meistens „Einzelkämpfer“ sind ohne Mitarbeiter*innen für die Terminierung etc. 

Wir vereinfachen für sie die komplette Organisation von Suche bis Therapieende. Bei der Suche sieht man auf den Infoseiten der Therapeut*innen, welche Gruppen angeboten werden, wann diese stattfinden und ob es noch freie Plätze gibt. Eine Anfrage ist digital möglich. So entfallen Gespräche mit Anrufbeantwortern und die Therapeut*innen erhalten passendere Anfragen. 

Die Therapeut*innen können telefonisch oder per Nachricht mit dem Suchenden einen Termin vereinbaren. Falls er oder sie keine Kapazität hat, lässt sich die Anfrage per Klick ablehnen. Die Gruppenorganisation wird beispielsweise mittels Terminerinnerungen, datengeschütztem Messenger, Dokumentationen und Notizmöglichkeiten unterstützt. 

Weiterhin erhalten Sie Zugang zu einem bundesweiten, digitalen Netzwerk zu Kolleg*innen. 

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Bei meiner Arbeit liegt das Potenzial darin, die Kommunikation und Organisation der Therapeut*in-Klient*in-Beziehung zu vereinfachen. 

In einer Studie fand man heraus, dass die Organisation für Psychotherapeut*innen tatsächlich die größte Hürde für sie ist, Gruppentherapie anzubieten. Und hier steckt die Chance der Digitalisierung! Vereinfachen wir die Organisation, werden hoffentlich bald mehr Gruppentherapien angeboten. 

Würden alle Psychotherapeut*innen mit einer Gruppenqualifikation eine Gruppe anbieten, könnten bis zu 280.000 psychisch Erkrankte mehr versorgt werden – wenn das kein guter Grund für die Digitalisierung ist. 

Gruppentherapie hat eine vergleichbare Wirksamkeit zur Einzeltherapie plus den zusätzlichen Wirkfaktor der Gruppendynamik. Das ist eigentlich logisch, denn Menschen entwickeln Persönlichkeit und Fähigkeiten meistens in Gruppen oder Beziehungen zu anderen Menschen – wie z. B. in der Familie, in Vereinen oder im Kollegium. Eine Psychotherapie in der Gruppe ermöglicht den Kontakt mit Personen, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind und ermöglicht einen Austausch miteinander. Durch den geführten Austausch mit Menschen in verwandten Lebenssituationen lernt jeder von jedem.

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Ich denke, dass es in fast allen Bereichen große Marktpotenziale gibt. Die Optimierung der Kommunikation ist ein wichtiger Bereich. Diese sicher zu gestalten, so dass jede*r die Hoheit über die eignen Daten behält, wird eine große Herausforderung – die aber machbar ist. 

Meiner Meinung nach brauchen wir in Deutschland noch mehr die Grundhaltung „API first“. Durch Schnittstellen können Digital-Health-Lösungen miteinander kommunizieren und wir haben weniger Monopole. Der Patient kann die Daten freigeben und erhält seine Gesundheits-Historie. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer*innen und Investor*innen im Bereich Digital Health? 

Hartnäckig bleiben! Das Gesundheitssystem hat viele Stakeholder, sodass es für Gründer*innen oft schwer wird, in den Markt zu gelangen. 

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

MEDICA 

HealthyHub 

Gesundheitsvisionäre der Uni Witten