Dr. Maike Henningsen
im Interview

Wer bist Du und wie beschreibst Du Deinen Drive im Bereich digitaler Medizin, Deine Rolle?

Ich bin Ärztin im Bereich Frauenheilkunde und Geburtshilfe und habe meine Karriere in der Uniklinik Hamburg Eppendorf begonnen. Ich hatte die Gelegenheit am Thema Precision Medicine in den USA an der UCLA zu forschen und habe neben der klinischen Arbeit auch viel wissenschaftlich gearbeitet. Neben der Karriere in der Uniklinik habe ich Erfahrung in Praxen und Outpatient Clinics im In-und Ausland gesammelt. Ärztin zu sein macht mir großen Spaß, allerdings hat mir immer der innovative Aspekt der Arbeit gefehlt, wenn man mal von der Forschung absieht. Aber auch hier habe ich es als ineffektiv erlebt zu forschen, ohne dass die Ergebnisse in eine Art Produkt oder Medikament überführbar waren. Neben den mitunter etwas suboptimalen Prozessen in der Krankenversorgung waren es aber auch die vielen offenen Fragen der Patienten und der Ärzte, bei denen ich mir von der Nutzung digitaler Tools einen absoluten Mehrwert verspreche. Um Innovationen und deren Implementierbarkeit in der digitalen Medizin besser zu verstehen, habe ich kürzlich einen Master zu diesem Thema abgeschlossen. An der Schnittstelle von Medizin und Innovationsmanagement kam ich automatisch mit Digital Health Startups in Kontakt und bin immer noch von der Vielzahl der spannenden Ideen in diesem Feld begeistert. Mit Gleichgesonnenen haben wir 2019 über Mittel des Berliner Senats und des ESF den Digital Health Inkubator „Vision Health Pioneers“ initiiert, der in Berlin ansässig ist und Digital Health Startups mit finanzieller Unterstützung und einem 9monatigen Entrepreneurship Programm unterstützt. 

Was tut das Unternehmen? Wie lange gibt es Euch schon? Wer sind Eure Kunden?

Den Vision Health Pioneers Inkubator gibt es seit 2019. Mit 1,5 Mio. Euro vom Berliner Senat haben wir die Möglichkeit geschaffen, 20 Stipendiaten für 9 Monate zu unterstützen. Neben einem monatlichen Stipendium bieten wir ein umfassendes Programm, was sich sehr intensiv mit der Produktevaluation, der Entwicklung des Produktes sowie der weiteren Finanzierung auseinandersetzt. Ziel ist es, Ärzte und allg. Healthcare Professionals in die Lage zu versetzten, „Needs“ aus der täglichen Arbeit in ein Produkt umzusetzen, zu gründen und damit das deutsche Gesundheitssystem zu optimieren. Wir richten uns an Gründer, die noch nicht viel haben müssen, außer einer Idee und einem kleinen Team (min. 2 Personen) und die die Zeit im Inkubator nutzen wollen, um das deutsche Gesundheitssystem zu verstehen, das eigene Produkt und seinen Mehrwert und die Implementierbarkeit wirklich zu evaluieren und in den Austausch mit unserem großen Netzwerk aus der Branche zu gehen. 

Was ist Dein USP, Dein Alleinstellungsmerkmal?  

Die Medizin, die Forschung und das Unternehmertun sollten eng zusammenarbeiten, um wirklich einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen.

Dr. Maike Henningsen

Ich bewege mich und verstehe mehrere Welten und bin der Überzeugung, dass es das in der jetzigen Diskussion auch braucht. Sowohl die Medizin, die Forschung und das Unternehmertun sollten eng zusammenarbeiten, um wirklich einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Verhärtete Fronten und Protektionismus führen hier nicht zu Ziel. 

Was ist der USP des Unternehmens?

Gerade in Berlin gibt es momentan zahlreiche Inkubatoren und Angebote für Startups. Allerdings fokussiert keiner auf Experten aus dem Gesundheitswesen. Da dieser Bereich aber tatsächlich sehr komplex ist, fachlich und regulatorisch, und sehr alte und teilweise auch durchaus bewährte Wurzeln hat, bietet Vision Health Pioneers hier einen Brückenschlag, in der Annahme, dass es mehr tragfähige und akzeptiere Lösungen geben wird, die das Gesundheitssystem und die Versorgung optimieren. 

Wo siehst Du die größten Chancen und das größte Potenzial in der Digitalisierung der Gesundheit? Wieso? 

Die Health Literacy kann deutlich verbessert werden durch digitale Angebote, die den Menschen über sich und seine Gesundheit informieren. Oft ist es fehlende Wissen über medizinische Zusammenhänge, das nicht vermittelt wird und das dann zu ungesundem Verhalten führt. Digitale Versorgungskonzepte von nicht mobilen Patienten können eine Versorgung bieten, wo sonst keine ist. Digitale, komplementäre Behandlungskonzepte können einen Patienten dort begleiten, wo es keinen Zugriff auf einen Therapeuten gibt oder das System kein Angebot macht. Das sind Vorteile für den Patienten direkt, indirekt profitiert das System mit seinen Stakeholdern aber auch von Prozessoptimierung, Datenaustausch, Decision Support Systemen auf B2B Ebene. 

Wo seht Ihr in Eurem speziellen Sektor die größten Chancen und das größte Potenzial? Wieso? 

Es gibt zahllose Apps oder andere Produkte in Digital Health. Implementiert werden aber die wenigsten. Das liegt in meinen Augen daran, dass am Bedarf oder am Product-Market-Fit vorbei entwickelt wird. Hier versucht der Inkubator alle entscheidenden Stakeholder in den Austausch zu bringen, um das Optimale zu erreichen und das Produkt ein Erfolg werden zu lassen. 

Wo konkret siehst Du das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Überall dort, wo Prozesse zwischen den Playern effizienter gestaltet werden können. 

Wo seht Ihr als Unternehmen das größte Marktpotenzial in der digitalen Gesundheit in den kommenden Jahren und wieso?

Wir als VHP konzentrieren uns im ersten Batch vor allem auf die Verbesserung der direkten Versorgung, momentan steht bei den teilnehmenden Teams der Patient im direkten Mittelpunkt der meisten Produkte. 

Was ist Dein konkreter Ratschlag an Gründer und Investoren im Bereich digital health? 

Der Produkt-Market-Fit und die Sinnhaftigkeit des Produktes im System muss im Vordergrund stehen.

Was können Gründer und Investoren von Eurem Unternehmen lernen und welchen Rat mitnehmen?

Ich denke, dass wir sehr hart daran arbeiten, die obige Aussage Realität werden zu lassen. Wir arbeiten mit der maximalen Diversität an Mentoren und Partnern, um alle Seiten wirklich zu verstehen.

Welche drei Events sind absolute MUSTs im Bereich Digital Health, würdest Du also dringend empfehlen? 

Für den Blick in eine mögliche Zukunft:
Exponential Medicine
Für eine Visite in andere Länder, wo es kein funktionierendes Gesundheitssystem gibt:
World Health Summit
Für eine Deep Tech Reise in die Academia:
Falling Walls

Empfohlene Webpages / Foren / Plattformen / Meetups / Newsletter?

https://www.mobihealthnews.com/

https://femtechinsider.com/

https://www.cbinsights.com/